Von 0 auf 100 in die Herzen der Weinfreunde
1974 gründete das Ehepaar Enrico Teruzzi und Carmen Puthod sein Weingut. Ein ungewöhnlicher Schritt, betrachtet man die bisherigen Lebensläufe der beiden. Enrico war zuvor professioneller Rennfahrer und Jockey beim Pferderennen. Seine Leidenschaft zur Geschwindigkeit kommt mit dem Weinbau an ihre Grenzen. Wein kann man nicht hetzen, weder im Weinberg, noch im Keller. Wein braucht seine Zeit. Doch das wusste Enrico und übertrug seine Leidenschaft zur Geschwindigkeit stattdessen auf die Entwicklung des Weingutes. Schnell wurde Teruzzi zu einem der größten und besten Weingüter in San Gimignano. Enrico selbst gilt heute als eine Koryphäe des Vernaccia. Im Gegensatz zum Leben ihres Mannes war Carmens von leisen Tönen geprägt: Als Ballerina trat sie in Opernhäusern wie der Mailänder Scala auf.
Beide wollten Weißweine produzieren. Beiden war klar, dass dies in der Toskana geschehen soll, genau genommen in San Gimignano. Anders als Bolgheri fiel der Ort bis dato nicht durch trendige Neugründungen auf. Eher lag das verschlafene Städtchen bis in die 70er unter dem Radar der Weinfans. Dennoch, oder gerade deswegen, gelang es Teruzzi, schnell internationale Aufmerksamkeit zu erregen und erfolgreiche Weine zu produzieren.
Digitaldisplay und Holzfass
Die Weinbranche ist eher an Tradition orientiert. Neuerungen werden oft kritisch beäugt. Ganz anders sehen das Teruzzi. Der Einsatz moderner Technologie begleitet von Anfang an den Erfolg ihres Weingutes. So setzte Kellermeister Enrico Teruzzi als einer der ersten Italiener auf eine gekühlte Gärung. Auf das Vorwissen seiner Eltern konnte er, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht zurückgreifen. Das hat auch positive Seiten, denn so lernte Enrico von Anfang an, jeden Arbeitsschritt zu hinterfragen. Die Ausstattung des Weingutes ist deswegen vielleicht weniger romantisch aber äußerst zielführend. Messsonden, Digitaldisplays und Computer schmücken den Keller. Wiederum ganz ursprünglich, wird ein beachtlicher Teil der Weinberge nicht mit dem Vollernter, sondern per Hand gelesen. Anschließend werden die Trauben so schonend wie möglich verarbeitet. Das will heißen, dass die Trauben nur vorsichtig gepresst werden. Um den Druck fein justieren zu können, kommt – wiedermal – eine hochmoderne Presse zum Einsatz. Teruzzi arbeitet dabei keineswegs geschichtsvergessen. Das gute alte Holzfass konnte von noch keiner Innovation verdrängt werden. Etwa 300 neue und alte Fässer liegen im Keller des Weingutes. Keine Technologie vermochte es bisher, ähnlich subtile Komplexität und Schmelz in einen Wein zu bringen. Und davon lebt der Vernaccia di San Gimignano ja schließlich.
Vernaccia – die Spezialität des Hauses
Das Piemont hat den Nebiolo, die Côte de Beaune den Chardonnay. San Gimignano hat den Vernaccia. Etwa eine Million Flaschen dieser Rebsorte verlassen den Keller jedes Jahr. Damit ist Teruzzi der Platzhirsch von San Gimignano. Kein Weingut keltert eine größere Menge dieses Weißweines. Auch qualitativ setzt Teruzzi die Referenz für San Gimignano. An der Spitze des Portfolios stehen der Vernaccia di San Gimignano Riserva und der Terre di Tufi. Letzterer ist sowas wie ein weißer Super Tuscan. Vernaccia, wird mit etwas Chardonnay und Sauvignon „abgeschmeckt“. Selten wurden Tradition und Fortschritt raffinierter und schmackhafter zusammengebracht. Der Begriff Vernaccia ist nicht ganz eindeutig. Mehrere Rebsorten tragen diesen Namen. Verwandt sind die wenigsten. Grund genug präzise zu sein: Denn der Vernaccia di San Gimignano wächst schon seit Jahrhunderten in dem kleinen Ort. Als autochthone – also dort heimische – Rebsorte ist er außerhalb der Toscana kaum verbreitet. Was nicht heißen will, dass der Vernaccia di San Gimignano nur Italienern schmeckt. Seine Weine sind in ganz Europa begehrt. Teruzzi ist dabei der Botschafter der Sorte. Die zuverlässig hohe Qualität des Hauses haben den Ruf aller Winzer in San Gimignano verbessert.
San Gimignano – die Heimat von Teruzzi & Puthod
Man könnte meinen, die Gemeinde San Gimignano sei von der Postkartenindustrie erfunden worden. Fast unwirklich schön erfüllt sie jedes Italien-Klischee. Auf einem Hügel gelegen, unverputzte Wände mittelalterlicher Bauten, umgeben von Zypressenhainen und Weinbergen. Auf den Hügeln der Gegend liegen sie im perfekten Einfallwinkel der Sonnenstrahlen. Mit den hohen Temperaturen im Sommer kommt der Vernaccia di San Gimignano hervorragend zurecht. Nicht zu Unrecht ist der Ort Heimat der einzigen weißen DOCG der Toskana. Viele Weißweinsorten werden bei Hitze müde. Die Aromen werden marmeladig, mit der Säure verliert der Wein sein Rückgrat. Ganz anders der Vernaccia! Diese Rebsorte erhält sich – wie nur wenige – bei hohen Temperaturen genug Säure. Das ist genetisch verankert und macht den Vernaccia die San Gimignano so einzigartig. Eine fein austarierte Säure zieht sich wie ein roter Faden durchs Geschmacksempfinden. Frische Zitronenaromen sind sofort spürbar, gefolgt von den reiferen Aromen der Zitronenschale und reifem Apfel. Hinzu kommt eine enorm schmelzige Note, die aber nie überladend wirkt. Häufig finden sich Aromen von jungem Pfirsich und Zitronenthymian im Vernaccia di San Gimignano. Bei den besten Vertretern liegt häufig eine Salzigkeit zugrunde. Diese bildet einen klaren Kontrast zur fruchtigen Säure und wirkt fast magisch. Kritiker bedienen sich gelegentlich des Begriffes vibrierend um diesen Eindruck greifbar zu machen. Vernaccia di San Gimignano ist ein einzigartiger Wein. Nur wenige schaffen es, Frische und schmelzige Komplexität derart elegant ineinander zu vereinen.
Ein gemeinsames Mahl
Alle Weine von Teruzzi tragen dasselbe Bild auf ihrem Etikett. Es stammt aus dem 11. Jahrhundert und zeigt Menschen beim gemeinsamen Mahl. Entnommen wurde das Bild aus dem Teppich von Bayeux, einer 60 Meter lange Stickarbeit aus dem 11. Jahrhundert. Kein Zufall, dass ausgerechnet dieses Bildnis Platz auf dem Etikett findet: Es drückt alles aus, wofür Teruzzi steht. Der offensichtliche Zusammenhang besteht in der Verbindung aus Wein und Speisen. Wie in ganz Italien gehört Essen zum kulturellen Erbe, das Teruzzi angetreten hat. Deren heimische toskanische Küche ist besonders vielfältig und dabei nie austauschbar. Dabei prägen das Meer, die Wälder und die traditionelle Landwirtschaft gleichermaßen die Produktvielfalt. Aber auch tiefere Zusammenhänge lassen sich finden. Gemeinsam nehmen die abgebildeten Figuren ihr Mahl zu sich. Und Gemeinsamkeit spielt eine große Rolle bei Teruzzi. So gehen Tradition und Moderne Hand in Hand. Gemeinsam werden der traditionelle, autochthone Vernaccia di San Gimignano und der neue, internationale Chardonnay ausgebaut. Auf dem Gut kommen die Lebensläufe der Gründer zusammen. Und vereint sind alle, im Weingut wie auf dem Bildnis, durch den Genuss.