Persönliche Weinerfahrungen
Schon damals, als ich an einem Sommersprachkurs in Sète teilgenommen habe, hatte mich längst die Liebe zum Wein gepackt und die Entdeckung der Weinlandschaft des Languedoc und Roussillon gehörte zu den prägenden Erlebnissen dieser Reise. So habe ich das erste Glas eines gut gekühlten Picpoul de Pinet, des typischen Weißweins der Gegend, direkt über den Austernbänken der Étang de Thau probiert – natürlich mit einer gerade aus dem Meer gefischten Auster und etwas Zitrone dazu. Ich würde behaupten, dass es keinen besseren Moment für ein Glas Picpoul gibt als diesen – vorausgesetzt, man mag Austern. Genauso präsent ist mir die Weinprobe in der Abbaye de Valmagne, einer romanischen Klosteranlage, die während der Französischen Revolution säkularisiert wurde. Seit dieser Zeit beherbergen die Seitenschiffe der Kirche große Weinfuder, während abends große Fledermäuse durch die offenen Kirchenfenster gleiten. In solch romantischer Atmosphäre schmecken diese Weine erfahrungsgemäß noch einmal doppelt so gut. Doch sind die gut gemachten Weine des französischen Südens keine Urlaubsweine, die nur vor Ort schmecken. Dafür sind sie zu seriös, zu tief und zu ausdrucksstark.
Kulturlandschaft, vom Wein geprägt
Den Rebsorten, die ich in dieser Zeit näher kennengelernt habe, bin ich dabei treu geblieben: Grenache Rouge, Gris und Blanc, Rolle, Mourvèdre, Cinsault, Bourboulenc oder Syrah. Namen, die teilweise so archaisch klingen, wie die Landschaft wirkt, in der die Reben stehen. Kein Zweifel, der Süden Frankreichs, der sich hügelig bis zu den Pyrenäen an der spanischen Grenze zieht, ist karg und wird von der Hitze des Sommers geprägt, gleichzeitig ist dieser Landstrich eine Kulturlandschaft, wie man sie sonst selten findet. Zu dieser Kultur gehört die okzitanische Sprache genauso wie die geschliffenen Trutzburgen der Katharer, der ehemals dem König und Papst abtrünnig gewordenen Ketzer. Zu dieser Landschaft gehören die romanischen Klosteranlagen genauso wie die Zitadelle von Carcassonne, Künstlergemeinden wie Collioure, oder die Fischhallen von Sète. Die Landschaft und das Essen werden dabei seit Jahrtausenden vom Wein geprägt. Unglücklicherweise stand das Languedoc lange Zeit als Synonym für die Erzeugung günstiger Massenweine, die häufig sogar aus Rebsorten hergestellt wurden, die eigentlich gar nicht in diese Landschaft gehörten. Das hat sich längst geändert. Man hat sich auch im Languedoc auf seine Qualitäten und seine Stärken besonnen. Diese liegen ohne Zweifel in der Qualität der Rebsorten, die hier heimisch sind. Genauso jedoch auch in der Vielzahl der unterschiedlichen Böden, auf denen oft uralte Rebstöcke stehen, die zwar wenig Ertrag bringen, jedoch die Grundlage für Weine von großer aromatischer Intensität liefern.