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Der Weinjahrgang 2017 in Deutschland

Erfahren Sie alles über den Jahrgang 2017 in den Weinbaugebieten Deutschlands.

Veröffentlicht am 01. Oktober 2018

2017 hat das Zeug ein nächster großer kleiner Jahrgang in Deutschland zu werden. Groß, da sich die bis dato gefüllten Weine über alle Anbaugebiete hinweg enorm ausdrucksstark und komplex zeigen. Betrachtet man die produzierte Menge, muss man allerdings von einem kleinen Jahrgang sprechen. Eines ist sicher: es war kein einfacher Jahrgang, obwohl alles so gut begann. Hoffnung auf ein schädlingsarmes Jahr machte der kalte Winter, der die Bestände dezimierte. Wie die letzten Jahre, gab es auch 2017 eine frühe Blüte Anfang April. Als schwarzer Tag geht wohl der 20. April 2017 in die Geschichte ein. In dieser Nacht von Donnerstag auf Freitag wurden fast alle deutschen Anbaugebiete vom schlimmsten Frost seit Jahrzehnten erschüttert. Wer konnte, schlug sich die Nacht im Weinberg um die Ohren, zündete Fackeln an oder mähte noch schnell die Begrünung nieder um die Kaltluft ganz nach unten und aus der Traubenzone heraus sacken zu lassen. Untypisch war, dass auch als frostsicher geltende Lagen betroffen waren. In der Regel sinkt die kalte Luft dort nach unten. Viele der besten Lagen der Mosel hatten deswegen nie große Probleme mit Frost. Nicht so 2017. Gerade die Mosel wurde stark getroffen. Die Folgen sind verheerend. Verschont blieben die östlichen Anbaugebiete, wo die Winzer von einem großen Jahr sprechen.

Der frühjährliche Dämpfer musste gut verdaut werden. Im Mai und Juni konnte man sich dann über reichlich Sonne und wenig Fäulnis freuen. 2017 deutete sich als ein extrem trockener Jahrgang an. Was im Juli an Regen erspart blieb, kam im August gleich mit vom Himmel. Wassermassen führten zu einem plötzlichen Wachstumsschub. Winzer mit Qualitätsanspruch kamen fast nie um nachträgliche Ertragsreduzierung herum. Trägt die Rebe zu viele Trauben, werden die Weine dünn und verlieren an Charakter. Auch können Beeren platzen und somit die Tore für allerlei Pilzkrankheiten öffnen.

Durch die große Hitze im Juli und die Wassermassen im August begann die Lese früher als sonst häufig schon Ende August. So schnell der Herbst kam, so schnell war er oft auch schon wieder vorbei. Ende September lag der Großteil der Trauben bereits im Keller. Der Fäulnisdruck war allgemein hoch. Vor logistische Probleme gestellt wurden zahlreiche Winzer, die die Arbeit von 35 Tagen plötzlich in 20 Tagen erledigen mussten. Nach der Pflicht kam im Oktober die Kür. Trauben, die es bis in den Oktober schafften, konnten noch einige Tage lang ihren Bauch in die Sonne strecken. Der Oktober war fast überall sonnig und recht trocken. Ideale Bedingungen also für edelsüße Spezialitäten.

Ahr

Mit dem Frost kamen die Winzer an der Ahr recht gut zurecht. Hier galt wohl noch die alte Regel der frostsicheren Steillage. Durch den geringen Anteil an Flachlagen, kam es im April zu verhältnismäßig wenigen Ausfällen. Größere Probleme bereitete der starke Regen im August und das feuchte Klima Anfang September. Der damit einhergehende Pilzbefall konnte dem früh reifenden Frühburgunder wenig anhaben. Bei später reifenden Spätburgunder musste viel aussortiert werden. Die Erträge sind am Ende des Jahres auch hier deutlich unter dem Durchschnitt. Doch was es ins Fass schaffte, ist meist sehr gehaltvoll und ausdrucksstark. Anpassungsfähige Winzer konnten aus der Not der frühen Lese eine Tugend machen und profitieren von einer lebendigen Säure.

Baden

Stark vom Frost betroffen ist Baden. Wie schon 2010 und 2013 sind die Mengen sehr gering und liegen bei etwa 1 Mio. hl. Auch hier ist die Qualität allerdings gut bis sehr gut. Die Trauben wiesen sehr früh ideale Zuckerwerte bei guter Säure auf. Also fand auch hier die Lese früh statt und war ebenso schnell wieder rum. Bereits Anfang Oktober lag der Großteil der Weine im Keller. Was bis jetzt gefüllt ist, ist überraschend komplex und aromenreich. Ein sonniger Oktober bescherte den Winzern dann vereinzelt sogar noch einige feine, kraftvolle Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen.

Franken

Kaum ein Anbaugebiet hatte so wenig unter dem Frost zu leiden wie Franken. Auch hier wurde alles getan um dem Frost entgegenzutreten. Mancherorts wurden sogar Heißluftgebläse in die Weinberge gekarrt. Ein Quäntchen Glück war sicherlich dennoch nötig. Franken liegt nämlich dieses Jahr 10% oberhalb des durchschnittlichen Ertrages. Alles in allem ein ausgezeichneter Jahrgang in Franken. 2015 und 2016 brachte sehr volle und konzentrierte Weine hervor. Durch die frühe und schnelle Lese zeigen sich die 2017er nun deutlich frischer und graziler. Nicht wenige freuen sich über diese Stilistiken, von denen Silvaner profitiert wie wenig andere Rebsorten.

Hessische Bergstraße

Auch an der Hessischen Bergstraße hatten es die Winzer mit dem Frost nicht leicht. Wie des Öfteren, hatte die Region auch 2017 mit Feuchtigkeit im Weinberg zu kämpfen. Die hohen Niederschläge im August gepaart mit hochsommerlichen Temperaturen waren idealer Nährboden für Pilzkrankheiten. Abhilfe schaffen ließ sich durch manuelles Ausdünnen in der Traubenzone. Eine aufwändige aber lohnenswerte Arbeit. Die Lese begann dann bei guten Wetter Anfang September. Ende September fiel erneut Regen, weswegen man versuchte, die Trauben schnell in den Keller zu bringen. Spätreife Rieslinglagen konnten in den Oktober hinein gerettet werden. Was bis dahin am Stock überlebte landete häufig als elegante und kraftvolle Spät- oder Auslese in der Flasche.

Mittelrhein

Jeder Dystopie zum Trotz gab es durch den Frost wenig Einbußen am Mittelrhein. Die Menge ist auf dem Niveau der letzten Jahre. Große Probleme bereitete allerdings das warme und feuchte Klima im Sommer. Der Druck durch Pilzkrankheiten war enorm. Um die Ausbreitung zu vermeiden, mussten fast überall faule Trauben aussortiert werden. Die Lese ging dann früh los. Durch den frühen Austrieb und die hohen Temperaturen waren die letzten Trauben bereits Anfang Oktober reif. Dank sonnigen Oktoberwetters konnte die komplette Partitur an Prädikatsweinen bespielt werden. Sogar hoch aromatische Trockenbeerenauslesen brachte das Jahr noch hervor.

Mosel

Die Mosel steht exemplarisch für den Jahrgang 2017 in Deutschland. Wo ein Winzer über eine wirtschaftliche Katastrophe klagt, ist meist ein Kritiker nicht weit, der 2017 als nächsten großen Jahrgang ausruft. Und natürlich haben beide aus ihrem Blickwinkel recht. 20% weniger Ertrag als in den letzten Jahren werden viele Winzer an der Mosel nur mit Murren hinnehmen. Schaut man sich aber an, was im Glas landet kommt man ums schwärmen kaum herum. Die früh gelesenen Rieslinge sind sehr filigran und finessenreich. Überall zeichnet sich der Jahrgang durch ein ideales Süße-Säure-Spiel aus. Im Oktober war das Schicksal dann wieder auf der Seite der Winzer und ermöglichte durch sonniges Herbstwetter konzentrierte Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen.

Nahe

Ähnlich wie der Mosel erging es den Winzern an der Nahe. Die Folgen, 19% Ertrag unter dem Mittelwert, werden einige Winzer in wirtschaftliche Bedrängnis bringen können. 2016 war ebenfalls kein mengenreiches Jahr und so können die wenigsten auf Reserven zurückreifen. Der Hagel traf Rheinhessen, den Rheingau und die Nahe besonders heftig. Viele Beeren waren aufgebrochen und die Zuckergehalte schon recht hoch. Pilze und Insekten rannten wahrhaftig offene Türen ein. Wer schnell reagierte und die faulenden Beeren aussortierte, bevor sie Krankheiten auf ihre Nachbarn übertrugen, konnte 2017 dennoch hervorragende Weine produzieren. Der Herbst war weitestgehend sonnig. Die Weine sind hier sehr sortentypisch. Der Riesling lebt von einer animierenden Säure ohne zu fett zu werden.

Pfalz

Auch hier ging man gebeutelt aus dem Jahr 2017. Der Frost schlug zu und der Juli war sehr verregnet, wohingegen man vom Hagel verschont blieb. Im August ging es dann heiß her in der Pfalz; die Temperaturen schossen in die Höhe und bereits im August wurden erste Weinberge reif. Die Mengeneinbußen waren schon fast vergessen, denn der Herbst versprach Gutes. Im September kühlte es dann wieder ab, trotz mittäglicher Sonnenstunden. Kühle Nächte und warme Tage. Ideale Voraussetzungen für eine starke Aromenausprägung. Besonders profitieren davon die Aromarebsorten. Perfekt also für die Pfalz, wo etwa die Hälfte des deutschen Sauvignon Blanc-Bestandes steht. Aber auch die übrigen Weine sind 2017 sehr aromenreich und füllig.

Rheingau

Der altehrwürdige Rheingau hatte es 2017 nicht leicht. Erst der deutschlandweite Frost und dann Hagel im Sommer, der den Rheingau heftig traf. Auch hier sind die Erträge niedrig, die Qualitäten sind aber fast überall sehr gut. Der Rheingau ist geprägt von spätreifen Sorten – Riesling und Spätburgunder-, die gerade nochmal die Kurve bekamen und von gutem Herbstwetter profitierten. Besonders die Rieslinge sind geprägt von einem ausgezeichneten Süße-Säure-Spiel.

Rheinhessen

Ähnlich zum Rheingau verlief das Jahr in Rheinhessen. Deutschlands größtes Anbaugebiet musste mit den größten Mengeneinbußen klarkommen. 20% unter Durchschnitt war die Lese 2017. Besonders bemerkbar machte sich das am Fassweinmarkt, der für die Region ein wichtiger Absatzkanal ist. Die Preise für Fasswein aus Rheinhessen stiegen spürbar an. Sehr gut bekam 2017 spätreifen Rebsorten. Allen voran der Riesling hat in 2017 einen Freund gefunden. Durch den wie fast überall in Deutschland sonnigen Spätherbst ließen sich konzentrierte Weine keltern. Alles in allem bleibt 2017 dennoch ein eher frischer Jahrgang. Die Säure ist präsent ohne Süße oder Aroma des Weines zu überlagern.

Saale-Unstrut

Hätten sich die Winzer in Saale-Unstrut einen Jahrgang basteln können, er sähe wohl in etwa so aus wie 2017. Als einzige Anbaugebiete in Deutschland blieben die beiden östlichsten von Frostschäden verschont. Das Frühjahr war sonnig, der Frühsommer sehr warm. An Niederschlägen fehlte es nie und immer rechtzeitig war genug Sonne da um die Feuchtigkeit schnell aus dem Weinberg zu treiben, bevor sich Pilzkrankheiten ausbreiten konnten. Wie im Lehrbuch begann die Lese dann gut 100 Tage nach der Blüte Mitte September und ging an den meisten Orten bis Mitte Oktober. Die Mengen waren zufriedenstellend und lagen meistens leicht über dem Mittel. Wie für die Region typisch sind die Weine sehr frisch und fruchtig. Häufig wurden extraktreiche und ausdrucksstarke Spätlesen geerntet.

Sachsen

Ein großes Jahr hat Sachsen 2017 erlebt. Es müssen wohl Petrus und der Weingott Dionysus gemeinsam gewesen sein, die erst die Frostwelle und dann die Hagelstürme von Sachsen und Saale-Unstrut ablenkten. Denn nirgendwo in Deutschland lässt sich ein Jahrgang verzeichnen wie hier. Das auf Riesling spezialisierte Sachsen konnte mit dem Jahrgang 2017 endgültig beweisen, dass man sich nicht hinter den westdeutschen Gebieten verstecken muss. Schon 2016 war ein gutes Jahr in Sachsen und 2017 könnte noch besser werden. Häufig ließen sich Mostgewichte von über 90° Oechsle erzielen. Wer genug Mut hatte und seine Trauben bis in den späten Oktober am Stock ließ, konnte konzentrierte und sehr gute Weine produzieren.

REDAKTIONSTEAM
Das Redaktionsteam des Wein Magazins besteht aus den Mitarbeitern des Hanseatischen Wein & Sekt Kontors, die in den unterschiedlichsten Bereichen tätig sind. Hier schreiben Wein-Einkäufer, Mitarbeiter des Marketings und studierte Oenologen. Aber auch Kolleginnen und Kollegen, die einfach ganz viel Spaß am Wein haben.