Wein-Magazin: Herr Torres, Ihre Lebensgeschichte und Ihr Werk sind faszinierend, für viele Menschen sind Sie eine echte Inspiration. Was war die wichtigste Erfahrung, die Sie im Laufe Ihrer langen Karriere gemacht haben?
Miguel Torres: Das Wichtigste in meinem Leben war und ist, dass ich zusammen mit meiner Frau Waltraud unsere Kinder großziehen konnte. Wir sind jetzt seit über 40 Jahren verheiratet und die Entscheidung für diese Ehe war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Übrigens hat meine Frau, die aus Deutschland stammt, sehr viel für den Aufbau unserer Firma getan, insbesondere auf dem deutschen Markt. Das ist vielen Menschen gar nicht klar. Sie hat unser Geschäft in Deutschland ins Rollen gebracht und über viele Jahre geleitet – heute ist Deutschland einer unserer wichtigsten Märkte. Inzwischen ist meine Frau Präsidentin der Miguel Torres Foundation, die vor allem die Zusammenarbeit bei Sozialprojekten fördert, etwa beim Bau von Schulen oder Waisenhäusern. Aus beruflicher Sicht habe ich meine wichtigsten Erfahrungen gesammelt, als ich in den 1960er Jahren als Winzer angefangen und mit internationalen Rebsorten experimentiert habe. Nur so konnte es 1979 zu dem sehr besonderen Moment kommen, in dem mich jemand von Gault Millau anrief, um mir mitzuteilen, dass ein Wein aus unserer Einzellage Mas La Plana, Jahrgang 1970 und sortenrein aus Cabernet Sauvignon gekeltert, bei einer Blindprobe gewonnen hatte. Und zwar gegen einige der besten französischen Weine. Das war bei der berühmten „Weinolympiade“ vom Gault Millau. Natürlich ist mir auch die Tatsache wichtig, dass unsere Bodega laut weltweitem Top 50 Ranking der britischen Zeitschrift Drinks International nach wie vor die am meisten geschätzte Weinmarke Europas ist. Aber unseren heutigen Status als Weingut verdanken wir der außergewöhnlichen Leistung und dem großen Engagement unserer gesamten Familie und des gesamten Teams. Wenn ich auf die vergangenen dreißig Jahre zurückblicke, bin ich wirklich stolz, dass jeder Einzelne von ihnen unser Unternehmen als sein eigenes betrachtet und stets danach strebt, Herausragendes zu erreichen. Denn nur darum geht es.
Wein-Magazin: Wie bereits erwähnt, fühlen sich viele Menschen von Ihnen inspiriert. Wer oder was war für Sie eine Inspiration?
Miguel Torres: Meine Professoren während meines Studiums in Frankreich. Der Önologieprofessor Jacques Bergeret an der Universität von Bourgogne und Professor Boubals an der Universität von Montpellier, ein Weinbauspezialist. Er war es auch, der mich auf die Idee gebracht hat, mein Projekt zur Wiederbelebung „vergessener“ katalanischer Rebsorten zu starten. Wichtige Einflüsse waren auch Stephan Faris, der in seinem Buch Forecast über den Klimawandel geschrieben hat, und der UN-Sonderbeauftragte für Klimawandel Ricardo Lagos. Und natürlich Al Gore mit seinem berühmten Film Eine unbequeme Wahrheit. Nachdem ich diesen Film gesehen hatte, habe ich sofort ein Familien-Boardmeeting einberufen und wir haben beschlossen, einen noch stärkeren Fokus auf ökologische Aspekte zu setzen. Wir haben 10 Mio. Euro in unser Klimaschutzprogramm „Torres & Earth“ investiert. Damit finanzieren wir Projekte fürerneuerbare Energien, Optimierung der Wassernutzung, umwelteffizientenTransport, Reduzierung von Co2-Emissionen und entsprechende Anpassungsmaßnahmen in den Weinbergen. Wenn dieses faszinierende Thema Sie interessiert, schauen Sie sich bitte unsere Website dazu an. Unter http://www.torresearth.com finden Sie eine englischsprachige Version. Aber ich möchte hier auch meinen Vater erwähnen, der mich ebenfalls inspiriert hat, obwohl unser Verhältnis manchmal kompliziert war. Ich wollte die Geschäfte führen und er wollte das Ruder nicht aus der Hand geben. Im Rückblick bedaure ich sehr, dass ich im Umgang mit ihm nicht immer geduldig war.