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Prosecco – Frizzante – Spumante – Glera & Co.

Das sollten Sie über Prosecco wissen

Veröffentlicht am 27. Juni 2018
Früher schien alles so einfach zu sein. Da meinte man, Prosecco sei ein perlendes Getränk aus dem italienischen Norden, das uns ein wenig Dolce Vita über die Alpen bringen würde. Prosecco war hier so erfolgreich, dass es immer mehr und mehr gab und im Discount immer billiger und billiger wurde. Da konnte etwas nicht stimmen, war das Ursprungsgebiet in Venetien, Friaul und Julisch doch eigentlich übersichtlich groß. Und in der Tat stellte sich irgendwann heraus, dass unter dem Namen Prosecco allein im deutschen Discount viel mehr Perlwein verkauft wurde, als in der gesamten DOC Prosecco in einem Jahr produziert werden konnte. Das Problem dabei war der Name. Denn Prosecco stand bis 2009 nicht nur für die Herkunft, sondern auch für die Traubensorte Prosecco. Und diese konnte man natürlich auch auf die Etiketten von Weinen drucken, die weit entfernt von Venetien angebaut wurden.

Die Traubensorte Prosecco heißt jetzt Glera

2009 hat sich der Zusammenschluss der Prosecco-Erzeuger in Venetien zusammen mit der Regierung darauf geeinigt, neue Gesetze zu erlassen, die die Qualität des Prosecco schützen und den Verkauf minderer Qualität fast unmöglich machen. So wurde die frühere IGT Prosecco zur DOC Prosecco aufgewertet, also frei übersetzt vom Tafelwein zum Qualitätswein aufgewertet, was immer mit stärkeren Kontrollen und strikteren Qualitätsvorgaben einhergeht. Gleichzeitig wurde das Kerngebiet des Prosecco, das Gebiet Conegliano-Valdobbiadene Prosecco zum DOCG heraufgestuft. Das Gebiet hat damit die höchste Qualitätsstufe erreicht, die man im italienischen Weinrecht erwerben kann. Entscheidend für eine bessere Kontrolle der Herkunft jedoch ist, dass der Name der Rebsorte von Prosecco in Glera geändert wurde. Dies ist keineswegs ein Kunstname, denn als Glera wurde die Rebsorte Prosecco in Teilen von Treviso schon lange bezeichnet. Sowohl für den Kunden als auch für den seriösen Händler ist die Neubezeichnung ein wichtiger Schritt, denn wenn heute auf einer Flasche Frizzante oder Spumante Prosecco steht, kann man sich tatsächlich sicher sein, dass man einen Wein aus Venetien, Julisch oder dem Friaul erhält, denn das sind die Regionen, in dem sich das Anbaugebiet ausdehnt.

Prosecco – die Geschichte eines Schaumweins

Die Entstehung des italienischen Schaumweins geht auf den Önologen Antonio Carpenè zurück, der sich im ausgehenden 19. Jahrhundert intensiv mit der Herstellung von Schaumweinen beschäftigt hat. Dabei stand er sowohl mit dem berühmten deutschen Bakteriologen Robert Koch in Kontakt, als auch mit dem Franzosen Louis Pasteur. Dieser hatte gerade bei der jahrelangen Beobachtung von Weingärprozessen den Grund für Fäulnis und Gärung durch Mikroorganismen entdeckt – und auch gleich eine Möglichkeit, diesen Prozess deutlich zu verlangsamen. Carpenè gründete aufgrund seiner Erkenntnisse im Jahre 1868 zusammen mit seinem Freund Francesco Malvoti das noch heute bestehende Weingut Carpenè Mavotti. Sie setzten als Erste in Italien die Methode der Tankgärung ein – das Verfahren, das heute üblicherweise für die Herstellung von Prosecco verwendet wird. Sein Enkel, der 2010 verstorbene Antonio Carpenè, war 1962 einer der Gründungsväter des Konsortiums zum Schutz des Prosecco di Conegliano-Valdobbiadene und einer seiner großen Fürsprecher und Vertreter.


Der richtige Schäumer für jede Gelegenheit. Kein Schaum- oder Perlwein ist in Deutschland beliebter als der Prosecco

Conegliano und Valdobbiadene – Das Kerngebiet des Prosecco

Wie in anderen berühmten Anbaugebieten auch (zum Beispiel Chianti Classico und Chianti), findet sich im Prosecco ein Kerngebiet und ein großes Umland. Das Kerngebiet des Prosecco ist die DOCG Conegliano-Valdobbiadene, die jedoch aufgrund von Lokalkolorit und einer traditionellen Konkurrenz der beiden Bereiche auch als Conegliano Prosecco oder Valobbiadene Prosecco bezeichnet werden kann. Die Bereiche umfassen eine Größe von knapp 4.500 Hektar im Hügelland der Provinz Treviso. Die besten Lagen innerhalb der fünfzehn klassifizierten Gemeinden werden als Rive bezeichnet und dürfen auf dem Etikett erscheinen. Dies sind sozusagen die Grand Cru des Prosecco. Diese Grand Cru werden ausschließlich als Spumante verarbeitet.


Gar nicht weit von Treviso und der Schaumweinproduktion entfernt: Venedig

Spumante und Frizzante – die Herstellung des Prosecco

Wenn man es genau nimmt, dann werden heute zwei leicht unterschiedliche Rebsorten für die Herstellung des Prosecco verwendet. Es sind die Glera und die Glera Lunga (früher Prosecco Lungo), eine etwas längliche Variante der klassischen Glera-Traube. Beide Sorten sind frische, leicht fruchtige und säurebetonte Sorten, Qualitätsmerkmale, die für einen erfrischenden Schaumwein von großer Bedeutung sind. Die Rebsorten müssen zu mindestens 85 % verarbeitet werden. Weitere 15 % dürfen aus anderen heimischen oder international bekannten Rebsorten bestehen. Meist wird Verdiso verwendet, Perera, Chardonnay oder Pinot Bianco. Auch wenn es den Prosecco seit langer Zeit auch als Stillwein gibt, sind doch vor allem die Frizzante und Spumante die bekanntesten Vertreter dieses Gebiets. Frizzante ist die italienische Bezeichnung für Perlwein, bei der der Wein im Tank vergärt (auch wenn es seltene Versionen gibt, bei der Frizzante auch in der Flasche vergärt) und einen geringen Druck von ca. drei Bar in der Flasche hat. Hat er weniger als drei Bar, kann er auch mit einem Kronkorken verschlossen sein und es entfällt die Sektsteuer. Ein Spumante dagegen ist ein Sekt, der mindestens drei Bar Druck auf der Flasche hat und deutlich stärker schäumt. Er kann sowohl im Tankgärverfahren als auch im Flaschengärverfahren erzeugt werden. Dabei ist es üblich, das aufwendigere Flaschengärverfahren als Metodo classico zu bezeichnen.

Jetzt aber, nach aller Theorie, sollte die Flasche Prosecco lange genug kühl gelegen haben. Jetzt ist die Zeit reif, die Sonne warm genug, um sich mit einem Spumante auf die Terrasse zu setzen und einen kühlen, erfrischenden Schluck zu genießen. Was gibt es Schöneres dafür als einen unkomplizierten, bezahlbaren Prosecco?

Christoph Raffelt

Christoph lehrt als Dozent an der Deutschen Wein- und Sommelierschule Hamburg. Er schreibt und podcastet bereits seit mehr als acht Jahren in seinem privaten Blog originalverkorkt.de und verfasst Weinkritiken und Artikel für verschiedene weitere Medien. Für seine Reihe über die Winzer der Champagne und unabhängigen Häuser wurde er 2014 mit dem Wine Online Award für den besten Weintext des Jahres ausgezeichnet.