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Ein Jahr beim Winzer – Februar

Was im Weinberg und im Keller geschieht

Veröffentlicht am 01. Februar 2017

Weinbau im Februar – Wenn man es ganz reduziert formuliert, dann ist der Wein ein Getränk, das entsteht, indem reife Trauben mithilfe von Hefen vergoren werden. Dabei wird der in den Trauben vorhandene Zucker in Alkohol umgewandelt. In den Trauben, Häuten und Kernen finden sich jedoch nicht nur Wasser und Zucker, sondern eine große Menge weiterer unterschiedlicher Verbindungen, auf deren Entstehung jeder noch so kleine äußerliche Anlass Einfluss hat. Neben dem Boden, dem spezifischen Mikroklima, dem Wetter und der gewählten Rebsorte sind es vor allem die Arbeit des Winzers im Weinberg bis zur Lese und seine Eingriffe im Keller, die entscheiden, welche Art von Wein wir später trinken.

Diese Aufgaben und Möglichkeiten, die der Winzer hat, erläutern wir seit Januar ein Mal monatlich. Dazu berichtet Anna Schwarz aus ihrem Winzerinnenalltag. Anna befindet sich in ihrem studium zur Technikerin für Weinbau und Oenologie und hat in den letzten Jahren schon viel praktische Erfahrung gesammelt. Davon zeugen diverse Stationen, wo sie selbstverantwortlich tätig war. Wir freuen uns, dass sie sich die Zeit nimmt, aus ihrem Alltag zu berichten.

Die ersten Weine werden gefüllt

Wie schon im Januar steht auch in diesem Monat im Weinberg der Rebschnitt im Vordergrund. Beim Durchstreifen der Zeilen sieht man das im Winter kahle Drahtgerüst, an dem sich die Reben in einigen Monaten wieder emporranken werden. Wind und Wetter, aber auch der Einsatz von Maschinen haben mancherorts Schäden an den Drahtrahmen hinterlassen und so muss hier an vielen Stellen nachgebessert werden. In der ruhigen Zeit des Februars hat der Winzer die Ruhe und Zeit, Stickel und Drähte wieder auf Vordermann zu bringen, sodass sich die Reben auch dieses Jahr wieder im Drahtrahmen wohlfühlen können.

Nachdem im letzten Januar fast die gesamte Aufmerksamkeit den Reben im Weinberg gegolten hatte, rücken nun auch die Jungweine wieder in den Fokus der Winzer und damit die Arbeit im Keller. Hier treibt den Winzern die spannende Frage um: Wie geht es dem Jahrgang 2014? Wie präsentieren sich die Jungweine zurzeit, sind sie schon harmonisch genug, um abgefüllt werden zu können? Dies gilt es jetzt durch intensives, tägliches Verkostungen abzuschätzen … Und weil das Probieren umso spannender ist, wenn mehrere Meinungen einbezogen werden, bittet man gerne Kollegen dazu, damit die Weine intensiv diskutiert werden können.

Die deutsche Weinszene ist klein, auch deutsche Weine spielen nicht zuletzt durch ihre geringe Menge weltweit gesehen eine eher untergeordnete Rolle – oft aber sind diese mit einem hohen Qualitätsstandard verbunden. Vielleicht liegt das gerade daran, dass die Winzer sich kennen und heutzutage regen Austausch suchen. Ob es indessen um die Weine, die Arbeit im Weinberg, Vertriebs- oder Exportfragen geht, spielt erst mal keine Rolle. Vor wenigen Jahrzehnten war dieser gute Austausch noch nicht so verbreitet; es war eher eine Seltenheit, wenn man mal bei einem Kollegen überhaupt in den Keller schauen durfte… Heutzutage ist dies glücklicherweise eine Selbstverständlichkeit. Die Winzer gelangen mittlerweile zu der Erkenntnis gelangt, dass auch im Weinbusiness ein Team mehr erreicht als eine große Gruppe Einzelner. Eine sehr gute Einstellung, die sich klar bewährt!


Im Keller wird probiert. Wie weit ist der Wein? Wie sollen die diesjährigen Cuvées aussehen?
Wichtig: ein Winzerkeller ist immer blitzsauber. © istock.com

Doch zurück zur Basis: Wie steht es um 2014? Das Jahr ist für uns als Konsument gedanklich schon abgehakt, bei den Weinen wird es aber jetzt erst richtig interessant. Nachdem der Witterungsverlauf des vergangenen Jahres die Winzer anfangs in freudiger Erwartung auf einen guten, pflegeleichten Jahrgang hoffen ließ, wendete sich das Blatt ab August noch einmal. Kirschessigfliege, starke Niederschläge, Botrytis, Essigfäule. Das sind nur einige Schlagworte, die fast jedem Winzer in den Kopf kommen, wenn er den Herbst des letzten Jahres Revue passieren lässt. Doch auch damit kamen die meisten Weingüter gut zurecht. Der betriebene Aufwand durch spontane Lesetermine und die vielerorts dem Vollernter vorgezogen Handlese, bei der wunderbar selektiert werden kann, trugen dazu bei, dass auch 2014 ein gutes Jahr wurde, auf dessen Weine wir uns wieder richtig freuen können – auch wenn dieses Jahr für viele Winzer ein schwierig bleibt, denn die Qualität ging mal wieder zulasten der Quantität, sodass mancherorts nur ein Drittel dessen in Flasche gefüllt wurde, was eigentlich Standard ist!

Durch die von der Menge vielerorts eher mager ausgefallenen Ernten der letzten Jahre sind die Bestände der Winzer immer schnell ausverkauft. Das bedeutet gleichzeitig, dass sehr bald eine große Nachfrage nach dem nächsten Jahrgang besteht. Also werden die Weine der Basissegmente, die unter die Kategorie „Leicht und fruchtig“ fallen, möglichst schnell auf die Flasche gebracht. Schon früh werden die Weine von der Hefe abgezogen und filtriert. Um eine klare Frucht in die Weine zu bringen, werden diese im Edelstahl ausgebaut. Im Gegensatz zu vielen hochwertigen Lagenweinen, die noch einige Monate auf der Feinhefe im Fass verweilen werden. Um zu schauen, welche Weine verschnitten, also zusammengeführt werden, muss nun jeder Tank einzeln verkostet werden. Erste Cuvées werden erstellt – egal ob der Wein aus einer einzigen Rebsorte besteht oder verschiedene zusammenführt werden. Denn eine Cuvée kann sowohl aus unterschiedlichen Rebsorten, Lagen oder sogar Jahrgängen bestehen.

Die Faszination hierbei: Jeder Tank, jedes Fass präsentiert sich anders und auch wenn der Winzer an jeder noch so kleinen Stellschraube gedreht hat, bleibt immer noch ein kleines bisschen Ungewissheit, wie sich die Weine im Laufe der Gärung und Reifung entwickelt haben! Jetzt, im Februar, können auch Sie als Kunde probieren, was die Winzer aus 2014 gemacht haben, denn bereits jetzt finden sich die ersten jungen Weine im Angebot.

Titelbild: Im Februar stehen die Rebstöcke noch oft vereist an den Drahtrahmen. © istock.com

Anna Schwarz
Anna Schwarz machte im Rahmen ihres Studiums ein Praktikum beim Hanseatischen Wein & Sekt Kontor. Seitdem ist sie aus der fränkischen Ferne für uns im Einsatz. Als Kind des Ruhrgebiets schlug sie ungewohnte Wege ein, die nicht unbedingt auf der Hand lagen: Sie wurde Winzerin, war schon in einigen Weinbaugebieten tätig, ist immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und absolviert gerade die Ausbildung zum Techniker für Weinbau und Oenologie an der fränkischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim.