Meist ist es in den frühen Morgenstunden so kalt und dann geht es hinaus in den Weinberg zur Lese. Der Ertrag ist gering, denn für einen Eiswein mit klarer, strahlender Frucht und feiner Säure wird beste Qualität gefordert. So kann es auch vorkommen, dass nur 3-5 hl/ha, statt der eventuell üblichen 60-90 hl/ha, geerntet werden. Der Eiswein stellt somit jedes Jahr ein großes Risiko für den Winzer dar, denn bis zur Lese dieser Besonderheit kann viel schiefgehen. Ewiges Ein- und Anffrieren schädigt die Trauben und kann unter Umständen Pilzkrankheiten verursachen. Auch Vögel begehren die süßen Früchte, wobei diese vor den geflügelten Feinden geschützt in Netze eingepackt sind. Wenn dann zum gewünschten Zeitpunkt doch noch etwas am Stock hängt, rückt zum letzten Mal für dieses Jahr die mutige Lesemannschaft an. Dick eingepackt in Winterjacke, Schal und Mütze werden nun die letzten Trauben des Jahrganges geholt – ein ganz besonderer Moment! Immer noch gefroren, trudelt dann im Morgengrauen die Beute im Weingut ein. Jetzt kommen die Trauben direkt auf die Presse, um die wenigen, dafür umso kostbareren Tropfen des Mostes zu gewinnen. Da der süße Traubensaft eine höhere Dichte und somit einen tieferen Gefrierpunkt als Wasser hat, fließt nur der zuckerreiche Most ab, das Eis verbleibt auf der Presse. Somit geht auch der letzte Most in die Gärung. Aufgrund seines extremen Restzuckergehaltes schaffen es die Hefen nicht, den gesamten Zucker zu vergären, weshalb der Eiswein mit angenehmen, um die 7 Vol. % Alkohol und einem fantastischen Süße-Säure-Verhältnis ein echter Genuss ist.
Aber mit dem Abpressen und der Vergärung der als Letztes geernteten Eisweintrauben ist es noch nicht getan, denn auch die anderen, bereits vergorenen Weine müssen weiter umsorgt werden. Denn bis zum fertigen Wein ist es noch ein langer Weg! Nach abgeschlossener Gärung werden die Jungweine von der Vollhefe abgezogen, um mögliche negative sensorische Entwicklungen zu vermeiden. Die Hefe, die sich am Grund des Tanks absetzt, hat ihre Arbeit vollbracht und geht nun in den Ruhestand. Zum ersten Abstich wird der Jungwein vorsichtig oberhalb der Vollhefe vom Gärtank in ein anderes Gebinde umgelagert – ob dies jetzt ein Edelstahltank oder doch ein kleines oder großes Holzfass ist, obliegt der Entscheidung des Winzers. So legt er den zukünftigen Stil seiner Weine fest. Auf jeden Fall hat sich der Wein jetzt geklärt und geht in eine Phase der Reifezeit über, in der er sich auf der restlichen Feinhefe, die dem Wein hilft, sein Aroma zu verfeinern, ganz in Ruhe entwickeln kann.
Sie merken schon, auf einem Weingut gibt es immer etwas zu tun … Damit es auch im Dezember, in dem die Weinberge draußen im Winterschlaf liegen, nicht langweilig wird, steht indessen das Weihnachtsgeschäft vor der Tür. Jeden Tag fliegen neue Bestellungen vieler Restaurants, Händler und auch Privatpersonen ins Haus. So werden fleißig Päckchen gepackt, Paletten und Kartons voller Wein verlassen täglich das Gut und freuen sich, vielleicht bald auch bei Ihnen auf dem weihnachtlichen Festtagstisch zu stehen.
Wer diese Serie über ein ganzes Jahr verfolgt hat, dem ist bestimmt schon früher klar geworden, was alles hinter der Erzeugung einer Flasche Wein steht. Wie viel Arbeit, Gedanken, Leidenschaft, Visionen und auch Experimentiergeist im Wein stecken, wie viele verschiedene Menschen sich an der Produktion und Vermarktung beteiligen und mit Herz bei der Sache sind. Es war mir eine große Freude, genau darüber schreiben zu dürfen und hoffe sehr, den bunten Winzeralltag eines Jahres gut verpackt zu haben. Cheers!
Titelbild: Winter an der Terrassenmosel. © Deutsches Weininstitut (DWI)