image

Nero d’Avola – Aufstieg einer autochthonen Sorte

Erfahren Sie alles über die Sorte Nero d`Avola.

Veröffentlicht am 23. Juni 2018
Sizilien ist das größte Weinbaugebiet innerhalb Italiens. Auf ca. 128.000 Hektar wächst dort heutzutage Wein. Bis heute sind rund 75 Prozent der Weinberge mit Weißwein bestockt, was vor allem daher rühren dürfte, dass es die Weißwein-Sorten waren, die für den lange bekanntesten Wein der Insel genutzt wurden, den Marsala. Dieser aufgespritete Süßwein war über mehrere Jahrhunderte der Verkaufsschlager. Vor allem die Engländer nutzten den Wein als Alternative zu Sherry, Portwein oder Madeira.

Umbruch auf Sizilien

Seit den 1980er-Jahren befindet sich die Mittelmeerinsel in einem Wandel. Marsala war längst unpopulär geworden, man setzte zwischenzeitlich, vor allem auf international anerkannte Sorten wie Merlot, Syrah und Chardonnay, bis einige Erzeuger es wagten, sich den heimischen Rebsorten zuzuwenden und diese auf neuem Niveau reinsortig auszubauen. So sind auch international weiße Sorten wie Inzolia, Grillo, Catarratto oder Carricante bekannt geworden. Bei den roten Sorten ist es vor allem Nero d’Avola, die Schwarze aus Avola, die ihren Siegeszug rund um die Welt angetreten hat und heute die wohl populärste Rebsorte der Insel ist.


Die Chiesa Madre, die Hauptkirche des alten Städtchens Avola

Ursprünge des Nero d’Avola

Erwähnt wird die Sorte 1696 das erste Mal unter dem Namen "Calavrisi", was ein Dialektwort für Calabrese war, was so viel wie ,,aus Kalabrien kommend“ bedeutet und auf einen möglichen Ursprung hindeutet. Später hat man den Namen in Richtung "Calaulisi" verändert, um dann Caia-Avola daraus zu machen, was so viel heißt wie "Rebsorte aus Avola". Im offiziellen Register italienischer Rebsorten wird die Rebsorte bis heute als Calabrese bezeichnet, doch auf fast allen Etiketten und im Volksmund heißt die dunkle Rebsorte längst Nero d’Avola.

Nero d’Avola, eine rein sizilianische Sorte

Tatsächlich ist das Hauptverbreitungsgebiet der Raum in den Provinzen Siracusa um die Städte Avola, Noto sowie Ragusa, Caltanisetta, Agrigento und Catania. Ihre Popularität kann man an der wachsenden Hektarzahl ablesen. Während die Sorte im Jahr 2000 noch auf etwa 11.000 Hektar registriert war, sind es heute mehr als 19.000 Hektar. Dies liegt vor allem daran, dass die Sorte mit der Hitze der südlichen Provinzen Siziliens trotz der Klimaveränderung bestens klarkommt. Um sie zu schützen, wird sie meist als Busch dicht am Boden in der sogenannten Albarello-Erziehung gepflanzt. Während der Nero d’Avola früher als reiner Verschnittwein angesehen wurde – als solcher wurde er auch in die Toskana oder ins Piemont verkauft – wird er heute größtenteils reinsortig angeboten und hat aufgrund seiner dunklen, pflaumigen und schokoladigen Noten viel Erfolg. Die bekanntesten Cuvées der Insel bildet Nero d’Avola mit Frappato als sogenannter Cerasuolo di Vittoria, als Cuvée mit der am Ätna wachsenden Sorte Nerello Mascalese sowie der Perricone. Außerhalb Siziliens wird die Rebsorte nur auf wenigen Hektar im Versuchsanbau in Australien und Kalifornien angebaut.

Gerade bei einem fortgeschrittenen Alter der Rebstöcke, wenn diese tief in der Vulkanerde wurzeln und immer kleinere und konzentrierte Beeren hervorbringen, zeigt der Nero d’Avola seine ganze Würze, seine Kraft und sein erhebliches Alterungspotenzial.

Christoph Raffelt

Christoph lehrt als Dozent an der Deutschen Wein- und Sommelierschule Hamburg. Er schreibt und podcastet bereits seit mehr als acht Jahren in seinem privaten Blog originalverkorkt.de und verfasst Weinkritiken und Artikel für verschiedene weitere Medien. Für seine Reihe über die Winzer der Champagne und unabhängigen Häuser wurde er 2014 mit dem Wine Online Award für den besten Weintext des Jahres ausgezeichnet.