Auch wenn sich der Aufstieg der
Rioja zur international beachteten und geschätzten Weinregion so anhört, als wäre es eine natürliche Gegebenheit, war es doch alles andere als ein leichter Weg. Eine der schwersten Krisen der Rioja ergab sich durch den Aufstieg einer weiteren spanischen Weinbauregion, der Ribera del Duero, die ebenso wie die Rioja vom
Tempranillo geprägt ist. Hier hat sich Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger ein neuer Weinstil entwickelt, den man als absolut modern bezeichnen kann und der die Weine der Rioja plötzlich alt und oxydiert aussehen und schmecken ließ (auch wenn das der ureigene Stil war). An den Ufern des Duero wurden saftige, mineralisch-kühle, frische, fruchtige und hochreif schmeckende Weine mit deutlicher Holznote abgefüllt. Was war geschehen? Die Trauben wurden später gelesen, wenn sie kurz vor der Überreife standen, sie wurden lange auf der Maische gelassen und der tief dunkle Traubensaft wurde in frische Barriques gefüllt, die ordentlich geflämmt waren, also viel von ihren Eichenholz-, Vanille- und Kokosaromen abgaben. Im Gegensatz zu teurem Rioja jedoch wurden die Weine weit weniger lang im Fass gelagert, um sie nicht oxydieren zu lassen und sie früher trinkreif anbieten zu können.
Diese Form der Weinbereitung war in
Spanien neu und wurde direkt gierig aufgenommen. Während die Weingüter der Ribera del Duero zu Shooting-Stars avancierten, musste sich die Rioja praktisch neu erfinden. Und das haben die Winzer der Rioja, von denen es etwa 20.000 an der Zahl gibt, wovon allerdings nur 2% eigenen Bodegas besitzen, auch getan. Heute stehen beide Weinstile der Rioja nebeneinander, man hat sich dem Neuen zugewandt, ohne das Alte klein zu machen oder zu vergessen. In wenigen Bodegas wird noch der traditionelle
Wein ausgebaut, dessen rötlich-braune Farbe schon auf den langen Fassausbau hinweist und der mit seiner Komplexität und dem ganz eigenen Charakter ausgesprochen faszinierend ist und dessen Eleganz und Lagerfähigkeit auch heute noch von vielen Weinkennern verehrt wird. Daneben steht der mineralisch frische, der saftig reife und fruchtige Stil. In den modernen Bodegas entstehen Weine voller Kraft und Dichte, Substanz und Beerigkeit, in der sich reife Frucht mit Holz und Schokolade, Süßholz und Mokka verbindet. Hier wird das überbordende Fruchtpotenzial des Tempranillo heute genauso herausgearbeitet wie das terruño, das salzige und mineralische Terroir der Rioja.
Neben dem
Rotwein, der hier ganz klar dominiert, finden sich 15% Rosé und 10%
Weißwein. Die traditionelle weiße Rebsorte ist die Viura, die ähnlich wie der Tempranillo über Jahrzehnte hinweg altern kann. Immer häufiger jedoch findet sich auch
Sauvignon Blanc, der entsprechend für einen modernen Stil steht.