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Der Pionier Aurelio Montes

Alles über den Winzer Aurelio Montes

Veröffentlicht am 08. Dezember 2015
Lange Zeit deutete nichts darauf hin, dass aus Aurelio Montes so etwas wie der Star der chilenischen Weinszene werden würde. Er hatte bereits fünf Kinder und ein längst abgeschlossenes Studium in Agrarwissenschaften, ehe er sich vor allem durch das Drängen seiner Frau entschied, mit einigen weiteren End-Dreißigern zusammen ein Weingut zu gründen. Was hat Aurelio, der aus bürgerlichen Verhältnissen in Santiago de Chile stammt, dazu bewogen?

Blick ins Tal. Das Klima der Anden bestimmt den Weinbau.

Wein statt Viehzucht

Die Entscheidung musste reifen, ja die Hinwendung zum Wein hat Jahrzehnte gedauert. Begonnen hat die Geschichte damit, dass seine Eltern in seiner Jugend ein Stück Land weit außerhalb Santiagos erworben hatten. Das Land diente als Sommerfrische und ein wenig zur Selbstversorgung. An den Wochenenden, die er auf dem Land verbrachte, wurde dem jungen Aurelio schnell klar, dass er die meiste Zeit seines Lebens lieber draußen als in geschlossenen Räumen verbringen wollte. Eine tiefe Liebe zu Land und Boden aber auch zum Nutzvieh, mit dem das Land bewirtschaftet wurde, stellte sich ein. Nach dem Schulabschluss entschloss sich Aurelio, Agrarwissenschaften zu probieren. Von Wein hatte er keine Ahnung, ja er kam in seinem Leben kaum vor – es sei denn, sonntags wurde aufwendig gekocht und eine Flasche Rotwein zum Sonntagsbraten geöffnet. Im Rahmen seines Studiums stolperte er irgendwann wie zufällig über die Möglichkeit, an einem Weinbaukurs teilzunehmen und er nahm diese Chance war. Einem ersten Kurs folgten weitere und aus dem Thema Wein wurde ein erster Karriereschritt. Statt Viehzucht, was er eigentlich geplante hatte, wurde er nun Weinmacher in San Pedro. Die Arbeit befriedigte ihn wenig. Es wurde einfach kaum guter Wein produziert und Ende der 1980er war ihm klar, dass er dies ändern wollte.

Bei einer siebenköpfigen Familie aber fällt die Entscheidung, sich selbständig zu machen, schwer. Schwer waren dann auch die ersten Jahre, in denen Montes national wie international viele, sehr viele Klinken putzen musste, bis der moderne, reife Stil in Chile erfolgreich wurde und auch die internationale Weinszene auf ihn aufmerksam wurde. Einen guten Wein zu machen, ist unter Umständen gar nicht so kompliziert. Viel schwieriger ist es, ihn auch verkaufen zu können. Und genau da zeigte sich Montes‘ zweites Talent neben dem Weinmachen. Ab einem bestimmten Punkt ging es nur noch bergauf. Die Qualität der Montes-Weine ist dabei beeindruckend konstant auf hohem Niveau. Nachdem er in Apalta, Curicó und zuletzt im kühlen Marchiguë hochmoderne Weingüter eröffnet hat, ist er in Argentinien mit Kaiken und im Napa Valley mit Napa Angel ebenso erfolgreich. Der Mann, der eigentlich Viehzüchter werden wollte, hat also ein sehr gutes Gespür für den Markt. Er geht mittlerweile auf die Siebzig zu, doch stehen bleiben wird er nicht. Da ist zu viel Energie, wie er selbst sagt, und die muss irgendwo hin. Mittlerweile beteiligen sich seine beiden Söhne im Unternehmen und verfolgen die gleiche Linie wie ihr Vater. Nach Südamerika und Napa steht als Nächstes wohl ein Engagement in Europa an.

Some people say I’m lucky, but I don’t think so. In 90% of life, it’s a matter of taking the right decision.
Aurelio Montes

Die Liebe zur Natur und soziales Engagement

Trotz all des Kosmopolitischen, den Bezug zu Land und Leuten hat Aurelio nicht verloren, eher im Gegenteil. Aurelio Montes ist einer der chilenischen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Sustainability ist ein zentraler Begriff in dem Land, das als schmaler Küstenstreifen am Pazifik viel stärker von Klimaschwankungen betroffen ist, als wir in Mitteleuropa. Doch Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der mit vielen unterschiedlichen Themen besetzt werden kann. Er bezieht sich auf ökologische wie ökonomische Belange, nicht zuletzt jedoch auch auf soziale. Montes beschäftigt sich dabei mit allen Aspekten in Fragen der Nachhaltigkeit. So zählt Wiederaufforstung zu Montes Engagements und ebenso nachhaltige Wasserwirtschaft. 65% Wasser, Millionen von Liter hat man im Laufe der letzten Jahre eingespart und es geht noch weiter. Dry Farming, der Verzicht auf ständige Wasserzufuhr an den Rebstöcken ist hier der Schlüsselbegriff, der in warmen und trockenen Regionen immer populärer wird. Neben einem ausgeklügelten Abfall-Management und dem Einsatz von erneuerbaren Energien ist es vor allem das soziale Engagement, was Montes wichtig ist. So werden nicht nur die Schulen, in denen die Kinder der Arbeiter unterrichtet werden, massiv unterstützt, Arbeiter selbst haben die Möglichkeit, Schulabschlüsse nachzuholen oder zu studieren. Freiwillige Feuerwehren werden genauso unterstützt wie Folklore-Gruppen der Arbeiter, die sich normalerweise aus indigener Bevölkerung zusammensetzten.


Aurelio Montes, Visionär und Verfechter nachhaltigen Handelns.

Wenn man Montes zuhört hat, man das Gefühl, er hat gerade erst begonnen. Da möchte man sich zurücklehnen, zuhören und einen Wein aus seiner aktuellen Kollektion genießen. Zum Beispiel die Carmenère Gran Reserva, die er exklusiv mit uns entwickelt hat.

Christoph Raffelt

Christoph lehrt als Dozent an der Deutschen Wein- und Sommelierschule Hamburg. Er schreibt und podcastet bereits seit mehr als acht Jahren in seinem privaten Blog originalverkorkt.de und verfasst Weinkritiken und Artikel für verschiedene weitere Medien. Für seine Reihe über die Champagne der Winzer und unabhängigen Häuser wurde er 2014 mit dem Wine Online Award für den besten Weintext des Jahres ausgezeichnet