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Lambrusco! Ja, bitte!

Es war einmal eine 2-Liter-Flasche

Veröffentlicht am 19. April 2018
Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch daran, an jene unseligen 2-Liter-Flaschen in den untersten Regalen der Supermärkte, in den 1960er und vor allen Dingen in den 1970er Jahren: Lambrusco. Große, grüne Flaschen, selbstverständlich mit einem Kronkorken verschlossen. Er stand auf den Tischen in Wohngemeinschaften, phantasiebegabte Jugendliche mixten ihn mit irgendeiner Cola oder anderen Limonaden auf den Festivals. Es war der Tiefpunkt eines traditionsreichen Weines aus der Emilia-Romagna, der eigentlich auf eine sehr, sehr lange Geschichte zurückblicken kann.

Auf Irrwegen

Lambrusco wird aus der gleichnamigen Rebe gewonnen, die zu den ältesten Rebsorten Italiens gehört. Bereits Marcus Cato (234-149 v. Chr.) erwähnt diese Sorte und gibt in seinen Schriften ziemlich präzise Anweisungen, wie man überhaupt mit Wein umzugehen habe. Dazu gehörte z. B. auch der Hinweis, dass nur vollreife Trauben einen guten Wein ergeben können. In den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts nun war Lambrusco einer der ganz großen Exportschlager Italiens, vor allen Dingen in den lieblichen Varianten. Amerika und Nordeuropa konsumierten die Flaschen massenweise, auf die Qualität wurde dabei so wenig geachtet, dass die Erzeuger letztlich abfüllen konnten, was sie wollten. Über die Jahre hinweg hat das dem Namen und der Herkunft Lambrusco leider sehr geschadet, sodass dieser Wein mehr oder weniger aus dem Bewusstsein anspruchsvoller Konsumenten verschwand. Im Prinzip ist der Lambrusco mit seiner feinen Perlage und seinem rassigen, beschwingten Charakter, wenn er denn gut ist, ein außerordentlich origineller Wein mit großer Tradition, vor allen Dingen in der Erzeugerregion selbst, der Emilia-Romagna. In erster Linie dominiert die rote Variante, trocken ausgebaut. Es gibt ihn aber auch in Rosé und Weiß, und in allen Fällen auch als liebliche Version.

Renaissance eines besonderen Weines

Seit knapp 10 Jahren feiert der Lambrusco aber, dank einiger außerordentlich engagierter und in puncto Qualität kompromisslos agierender Winzer eine große Renaissance. Immer mehr Genießer entdecken den feinen ,,Prickler neu – wird aber auch Zeit. Die unsäglichen 2-Liter-Flaschen sind in den Supermärkten seitdem weitesgehend verschwunden. Lambrusco wird in erster Linie in der Emilia-Romagna angebaut und ist mittlerweile dort in verschiedenen Subvarietäten vorhanden. Der bekannteste Lambrusco wiederum ist der Lambrusco Reggiano. Wirklich guter Lambrusco wird natürlich aus reduzierten Erträgen erzeugt, einer traditionellen Maischegärung zur Extraktion der Inhalts- und Farbstoffe aus den Traubenschalen folgt eine 2. Gärung unter Luftabschluss, damit der Wein sein feines Mousseux erhält. Ein guter Lambrusco ist ein fröhlicher und beschwingter Wein, aber er ist zugleich ein Wein, der sich recht universell einsetzen lässt. Man kann ihn gekühlt genießen als Erfrischung, man kann ihn aber auch wärmer trinken, wenn man will. Gekühlt wird den Freunden etwas zupackender Gerbstoffe außerordentlich gut gefallen, wer es schmeichelnd am Gaumen liebt, der trinkt ihn eben bei Zimmertemperatur.

REDAKTIONSTEAM

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