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Ein Jahr beim Winzer – April

Was im Weinberg und im Keller geschieht

Veröffentlicht am 01. April 2017

Weinbau im April – Wenn man es ganz reduziert formuliert, dann ist der Wein ein Getränk, das entsteht, indem reife Trauben mithilfe von Hefen vergoren werden. Dabei wird der in den Trauben vorhandene Zucker in Alkohol umgewandelt. In den Trauben, Häuten und Kernen finden sich jedoch nicht nur Wasser und Zucker, sondern eine große Menge weiterer unterschiedlicher Verbindungen, auf deren Entstehung jeder noch so kleine äußerliche Anlass Einfluss hat. Neben dem Boden, dem spezifischen Mikroklima, dem Wetter und der gewählten Rebsorte sind es vor allem die Arbeit des Winzers im Weinberg bis zur Lese und seine Eingriffe im Keller, die entscheiden, welche Art von Wein wir später trinken.

Diese Aufgaben und Möglichkeiten, die der Winzer hat, werden wir ab heute einmal monatlich erläutern. Dazu berichtet Anna Schwarz aus ihrem Winzerinnenalltag. Anna befindet sich in ihrer Ausbildung zur Technikerin für Weinbau und Oenologie und hat in den letzten Jahren schon viel praktische Erfahrung, gesammelt. Davon zeugen viele Stationen, wo sie selbstverantwortlich tätig war. Wir freuen uns, dass sie sich die Zeit nimmt, aus ihrem Alltag zu berichten.

Der April steht im Zeichen der Bodenbearbeitung

Im April lässt sich die Sonne immer öfter blicken, und das weiß auch die Natur um uns herum zu schätzen. Das triste Grau der vergangenen Monate scheint wie weggeblasen und auch Bäume und Sträucher drücken ihre Freude über höhere Temperaturen in Form sprießender Knospen aus. Die ersten Blüten zeigen sich und mit ihnen kehrt langsam wieder eine farbliche Vielfalt in unsere Umgebung ein.

Bis die Reben ihre leicht rosa, weiß und gelblich gefärbten Knospen präsentieren, dauert es aber noch etwas, denn der Austrieb lässt noch etwa einen weiteren Monat auf sich warten. Im Gegensatz zu anderen Pflanzen ist die Rebe damit verhältnismäßig spät an der Reihe. Wenn man bedenkt, dass die Blüte erst im Juni stattfindet und damit den Zeitpunkt festlegt, an dem die Trauben gebildet werden, ist die Wachstums- und Entwicklungsphase recht kurz – schließlich werden sie ab Mitte September schon wieder gelesen! Das heißt, dass der Rebe im Schnitt gerade einmal dreieinhalb bis vier Monate bleibt, um die Trauben zur Vollreife zu bringen. Was bis dahin alles noch getan werden muss? Das klärt sich in den nächsten Monaten – auch hier.

Nun widmen wir uns erst einmal dem Weinberg, genauer dem Weinbergsboden. Denn vor allem steht er diesen Monat im Interesse des Winzers. Mit der Bearbeitung des Bodens, der Einsaat von Begrünungspflanzen und der eventuellen Ausbringung verschiedener Düngemittel schafft er für die Rebe und die entstehenden Trauben gute Wachstumsbedingungen. Was auf welchem Boden und in welcher Menge ausgebracht und mit welchem Gerät eingearbeitet wird, ist in erster Linie vom Boden selbst abhängig. Ist er leicht oder schwer, hat er also einen hohen Anteil von Tonteilchen oder besteht er weitestgehend aus Sand? Oder liegt eine Mischung vor, haben wir also einen schluffigen Boden? Und wie ist überhaupt der Standort des Weinberges zu beurteilen? Reben, die am sonnigen Südhang stehen, leiden bekanntlich an höherem Wasserstress als Weinberge, die sich in eher westlich ausgerichteter Flachlage befinden. Denn eines ist immer stark zu beachten: Wie viel braucht die Rebe überhaupt? Eigentlich ist sie ein genügsames Pflänzchen, das sich eher mit einem leichten Mangel zufriedengibt, als dass es gerne im Überschuss lebt. Gerade ein kurzzeitiger Wasserstress bewegt die Rebe sogar dazu, sich bei der Förderung der Traubenqualität noch etwas mehr anzustrengen.


Foto Copyright: Deutsches Weininstitut (DWI)

Aber was benötigt die Rebe an Nährstoffen? Zum Austrieb braucht sie in erster Linie Stickstoff und Phosphor. In der Vergangenheit, in welcher der Weinbau in manchen Teilen des Landes immer mehr einer Industrialisierung gleichkam, Motorisierung und Mechanisierung die Arbeiten in den Weinbergen vereinfachten und auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht verbesserten, wurden hohe Erträge großgeschrieben. Mancherorts galten sie als einziges Ziel. Nachhaltigkeit schien vielen Winzern in den 1970er- und 1980er-Jahren kein Begriff gewesen zu sein. Ganz anders heute! Während das Idealbild damals das Nichts oder auch der perfekte Golfrasen zwischen den Rebzeilen war, kommen heute ganz unterschiedliche Pflanzen zum Einsatz, die das Bodenleben anregen, aber auch die Nützlinge über der Erde mit ihrer Blütenvielfalt in den Weinberg locken. Ökologischer Weinbau ist nicht nur ein Stichwort für alle Biowinzer, sondern längst Alltag im Denken der konventionell arbeitenden Weingüter. Die vor einigen Jahren noch als Unkräuter beschimpften Pflanzen, lockern den Boden durch ihre Wurzeln auf natürliche Weise. Wenn die Begrünung zu hoch gewachsen ist, wird sie entweder umgewalzt oder gemulcht. Auch dann profitiert der Boden noch von ihr, denn durch das Untergrubbern und Einarbeiten der Pflanzen kommt der Boden an den natürlichen Dünger, den die Begrünung dann als organische „Masse“ darstellt.

Was nicht natürlich zugeführt werden kann, muss als mineralischer Dünger ausgebracht werden. Seltenere Nährstoffe, die an spezifischen Mängeln der Rebe erkennbar sind, werden vom Winzer mit dem Düngerstreuer in den Weinberg eingebracht.


Neue Setzlinge werden in den frisch bearbeiteten Boden gepflanzt. Copyright Foto: istock.com

Um dabei Zeit und Wege zu sparen, kombinieren die Winzer ihre Geräte für diese Arbeiten. So findet beispielsweise der Umbruch der Grasnarbe, die Einsaat und das Andrücken des Saatguts in einem Mal statt.  Und das funktioniert bei der im Frühjahr anstehenden Bodenbearbeitung mit Gerätekombinationen, die sie an ihre kleinen Schmalspurtraktoren anbauen, optimal. So können viele Aufgaben in kürzerer Zeit vollbracht werden. Auch längere und unnötige Strecken fallen so weg. Und der Boden wird natürlich geschont, denn das vielfache Befahren setzt ihm ansonsten ganz schön zu. Mangelnde Nährstoffverfügbarkeit der Reben aufgrund von Verdichtungen sind mögliche Folgen der unnötigen Mühe.

Damit lassen wir den Frühling kommen und sind in freudiger Erwartung auf den Mai, denn dann wird es in den Weinbergen erst richtig spannend!

Titelbild: Letzte Rebschnitte im Weinberg. Copyright Foto: istock.com

Anna Schwarz
Anna Schwarz machte im Rahmen ihres Studiums ein Praktikum beim Hanseatischen Wein & Sekt Kontor. Seitdem ist sie aus der fränkischen Ferne für uns im Einsatz. Als Kind des Ruhrgebiets schlug sie ungewohnte Wege ein, die nicht unbedingt auf der Hand lagen: Sie wurde Winzerin, war schon in einigen Weinbaugebieten tätig, ist immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und absolviert gerade die Ausbildung zum Techniker für Weinbau und Oenologie an der fränkischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim.