Wenn man so will, dann begann die Geschichte von Cloudy Bay im Jahr 1770. Natürlich gab es die Bucht schon vorher, auch wurde sie schon bewohnt. Ihre ersten Entdecker, die Maori, waren Jahrhunderte zuvor von den pazifischen Archipelen aus nach Neuseeland gefahren und hatten sie Te Koko a Kupe genannt – Kupes Schöpfkelle. Kupe war einer der Anführer bei der Entdeckung Neuseelands durch die Maori. James Cook hat Neuseeland für die Europäer zwar nicht entdeckt – dieser Ruhm bleibt dem Holländer Abel Tasman vorbehalten, der, von Australien kommend, eher in Neuseeland war –, aber Cook hat Neuseeland über sechs Monate hinweg vermessen, wies nach, dass es sich um zwei große Inseln handelte, und ankerte nach der Durchfahrung der später nach ihm benannten Cook Passage in einer Bucht, die in den frühen Morgenstunden regelmäßig nebelverhangen war.
Als David Hohnen die Stadt Blenheim und das Wairau Valley Anfang der 1980er-Jahre besuchte, war der Sumpf, der zu den Zeiten von Cook das Tal beherrschte, trockengelegt. Doch mit Weinbau hatte die Region noch nicht viel zu tun. Gerade einmal vier Weingüter existierten in Marlborough. Diese produzierten ausschließlich für die nähere Umgebung und taten sich schwer. In Neuseeland hatte über ein halbes Jahrhundert lang Prohibition geherrscht, die Menschen waren es gar nicht mehr gewohnt, Wein zu trinken. Für Hohnen, den erfahrenen australischen Weinmacher, aber war klar, dass das Tal, in dem Tausende von Apfelbäumen standen, ein perfektes Terroir für frische und fruchtige Weißweine sein könnte.
Das Tal war warm und weitgehend trocken, von der Antarktis her wehte ein kühler Wind in die Bucht, der den Säuregehalt der Trauben regulieren würde, und nahe gelegene Bergketten hatten über Jahrhunderte mineralhaltiges Schmelzwasser über sich immer wieder verändernde Flussläufe ins Tal befördert. Das sogenannte alluviale Schwemmland ist heute die Basis für den Weinbau. Mit Kevin Judd, Ivan Sutherland und James Healy fand Hohnen ein sehr gutes Team, das die Gegend schon besser kannte als er selbst.
Sie experimentierten bis ins Jahr 1985, als sie sich dazu entschlossen, den ersten Sauvignon blanc zu produzieren und zu vermarkten. Mit diesem ersten Jahrgang hatten sie einen Stil gefunden, der sich grundsätzlich von allen anderen bekannten Stilen des Sauvignon blanc unterscheiden sollte. Die Grundlage für den überwältigenden Erfolg war gelegt. Nachdem Hohnen den ersten Jahrgang noch aus zugekauften Trauben vinifiziert hatte, kaufte er sich in drei klimatisch unterschiedlichen Teilen in Marlborough rund 140 Hektar Land und pflanzte neben Sauvignon blanc auch Chardonnay und Pinot noir.
Schnell wurde sein Cloudy Bay zum begehrtesten Sauvignon blanc weltweit. 2003 kaufte Moët Hennessy – Louis Vuitton das Weingut von Hohnen und reihte es in das Portfolio exklusiver Weingüter ein. Mit Tim Heath als Weinmacher und Jim White als Verantwortlichem für die Weinberge hat sich die Arbeit und auch das Ergebnis in der Flasche langsam verändert.
Der Sauvignon blanc ist aromatisch heller und gleichzeitig substanzvoller geworden, er ist ein Stück weit weg von den starken exotischen Aromen hin zu mehr Grapefruit und Kaffirlimette – dabei durch und durch ein Marlborough Sauvignon blanc – mit mehr Cremigkeit und Tiefe. Heath baut den Wein nicht mehr nur im Edelstahl aus, sondern verwendet mittlerweile auch große Holzfässer und vergärt zunächst spontan. All das passt in die Philosophie des Hauses und der Weinmacher. Für sie ist klar, dass sich Weinbau in Neuseeland ständig weiterentwickelt und dabei immer besser wird. Es ist beeindruckend, was man innerhalb von dreißig Jahren schon erreicht hat.