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Weinbau am Fuße des Castel del Monte

Erfahren Sie alles über den Weinbau am Castel del Monte in Apulien

Veröffentlicht am 03. Juli 2018

Hoch über der Ebene von Murgia thront seit bald neunhundert Jahren eines der bemerkenswertesten Relikte mittelalterlicher Baukunst. Das Castel del Monte wurde zwischen 1240 und 1250 im Auftrag des Stauferkaisers Friedrich II. errichtet, und bis heute ist nicht ganz klar, welche Bedeutung es gehabt haben mag. Zumal es für diese außerordentliche Bauform weder Vorgänger noch Nachfolger gibt. Das hat für seriöse wie für bizarre Spekulationen gesorgt, die bei der Interpretation als Jagdschloss oder zur Aufbewahrung des Staatsschatzes anfangen und mit der Idee, das Castel könnte Aufbewahrungsort des Heiligen Grals gewesen sein, enden.

Ausgangspunkt für die Gral-These dürfte der besondere, fast einzigartige Grundriss des Castels in Form eines Oktagons sein, der Perfektion symbolisiert. An den acht Ecken des Bauwerks stehen wiederum acht Türme in Form eines Oktagons, wobei je zwei Seiten der Türme jeweils mit den Seiten des Hauptachtecks zusammenfallen. Man muss nicht weiter ins Detail gehen, doch allein die Flächenmaße, die Winkelberechnungen und Multiplikatoren sind ein wahres Fest für alle Arten der Zahlenmystik, die noch dadurch unterstützt wird, dass das Bauwerk voller Symbolismen steckt. Dies hat auch Umberto Eco aufgegriffen, der sich sein ganzes Arbeitsleben lang mit Zahlenmystik und Symbolen beschäftigt hat und dies im Foucaultschen Pendel auf die Spitze treibt. Das Castel war für ihn das Vorbild des Ädificiums in seinem Erfolgsroman Der Name der Rose.

Fest steht, dass das Castel del Monte an einem strategisch wichtigen Punkt erbaut wurde, von dem aus man den Blick weit in die Ebene schweifen lassen kann. Friedrich II. einer der fortschrittlichsten Herrscher seiner Zeit, hat damals im Süden Italiens kurz nach seiner Rückkehr von den Kreuzzügen (1231) den ersten modernen Einheitsstaat Europas geschaffen, das Lehnsystem abgeschafft und stattdessen besoldete Beamte eingesetzt.

Uralte Rebsorten auf der Hochebene von Murgia

Den Weinbau hat es natürlich auch schon im Mittelalter gegeben und es ist durchaus möglich, dass schon Friedrich II. der Nero di Troia zugesprochen hat. Diese rote Rebsorte hat eine lange Geschichte, die möglicherweise bis ins frühe Griechenland reicht. Ob der Name, der übersetzt Schwarze aus Troia heißt, ebenfalls auf griechischen Ursprung verweist, ist dabei eher ungewiss, denn es gibt auch in Apulien, der Heimat der Rebsorte einen Ort namens Troia. Die Sorte, die oft auch Uva di Troia genannt wird, wirkt im Glas fast schwarz und hat einen ebenso geheimnisvollen wie würzigen Duft. Vielleicht noch länger ist die Rebsorte Aglianico im Süden Italiens beheimatet. Das deuten schon die vielen unterschiedlichen regionalen Namen der Sorte an. In manchen Gegenden wird sie auch Glianica, Sprierna, Uva die Cani oder Uva di Castellantea genannt. Aglianico gehört heute zu den langlebigsten und bekanntesten Weinen des italienischen Südens.

Der Turm des Windes – Torrevento interpretiert die Rebsorten des italienischen Südens

Beide Rebsorten wachsen rund um das Castel del Monte in einer kargen und ursprünglichen Landschaft, die ähnlich streng und schön wirkt wie das Castel. Teils Jahrhunderte alte Trockenmauern zeugen vom zähen Ringen zwischen Mensch und Natur und prägen das Bild dieser Kulturlandschaft genauso wie die Jazzi, aus Bruchsteinen aufgeschichtete Viehunterstände, die ein wenig an die ebenfalls in Apulien gelegenen Trulli erinnern. Das Weingut Torrevento, der Turm des Windes, widmet sich auf diesen kargen, kalkigen und steinreichen Böden seit Jahrzehnten vor allem diesen alten autochthonen Rebsorten und vinifiziert neben Uva di Troia und Aglianico auch Falanghina, Fiano, Negroamaro, Malvasia Nera, Pampanuto und Primitivo. Dabei unterscheiden sich die Weinberge ganz deutlich von unseren an Mosel, Rhein und Main. Im Gegensatz zum hiesigen Spaliersystem wird in der Murgia das alte Albarello-System gepflanzt. Die Rebstöcke wachsen in Büschen und sind so deutlich besser geschützt vor den besonderen Einflüssen der Winde, die oft gnadenlos über die Hochebene fegen. Der Bolonero ist eine wunderbare rauchig-würzige Interpretation dieser alten Rebsorten, in die man sich direkt ein Stück weit hineinversetzen mag, wenn man zum ersten Mal am Glas nippt.

Christoph Raffelt

Christoph lehrt als Dozent an der Deutschen Wein- und Sommelierschule Hamburg. Er schreibt und podcastet bereits seit mehr als acht Jahren in seinem privaten Blog originalverkorkt.de und verfasst Weinkritiken und Artikel für verschiedene weitere Medien. Für seine Reihe über die Champagne der Winzer und unabhängigen Häuser wurde er 2014 mit dem Wine Online Award für den besten Weintext des Jahres ausgezeichnet