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Kalifornien – Weinbau im Golden State

Teil 1, von den Redwoods im Norden zur Central Coast

Veröffentlicht am 12. November 2021
Eine Fahrt durch das Weinland Kalifornien ist eine Reise voller Entdeckungen, Abwechslung und Gegensätze. 320.000 Hektar stehen in Kalifornien unter Reben, aufgeteilt in mindestens fünf Klimazonen. Diese reichen vom Cool Climate, wie man es vergleichbar an Mosel, Loire und in der Champagne findet, bis zum heißen Klima, das mit dem Weinbau in Tunesien und Teilen von Griechenland zu vergleichen ist. Auf einer Fläche, die drei Mal so groß ist wie die deutschen Anbaugebiete zusammen und knapp halb so groß wie die Weingebiete Italiens bietet Kalifornien eine begeisternde Vielfalt an Rebsorten, Gesteinsformationen und Stilen. Daher heißt es bei uns aktuell: Entdecken Sie Kalifornien!

Über 1.300 Kilometer zieht sich die Küstenstraße von Eureka über Mendocino, San Francisco, Santa Barbara und Los Angeles bis nach San Diego. Wer über kalifornischen Weinbau nachdenkt, muss daher groß und weit denken. Doch trotz der schieren Größe und Vielfalt innerhalb des Staates, gibt es doch eine Gemeinsamkeit: Alle Zonen sind mehr oder weniger stark beeinflusst vom pazifischen Klima. Besonders die sehr küstennah gelegenen Gebiete profitieren von den Meeresbrisen und dem morgendlichen Nebel, der vom Pazifik bis ins Napa Valley und die noch weiter entferntere Täler zieht. Direkt an der Küste liegen die Gebiete North Coast, Central Coast und, weiter im Süden an der Grenze zu Mexiko der Bereich Southern California. Im Hinterland befinden sich die Bereiche der Inland Valleys, der Sierra Foothills und der kleine Bereich Far North California.


© Wine Institute of California

Far North California

Der kleine Bereich umfasst nur wenige Dutzend Wineries und gehört definitiv zu den Gebieten Kaliforniens, die es noch zu entdecken gilt. Dort, wo die Mammutbäume, die berühmten Redwoods stehen, wird Far North California von schneebedeckten Bergen und einem kühlen Klima geprägt. In dem Gebiet scheint die Zeit still zu stehen und es hat nichts mit den geschäftigen Ballungszentrum rund um San Francisco und Los Angeles zu tun. Hier besucht man Künstlerkolonien, kleinere Bauernhöfe und Weingüter, die oft biologisch oder biodynamisch arbeiten.

North Coast

Weiter im Süden erstreckt sich küstennah die North Coast. Sie steht für die berühmtesten Anbaugebiete Kaliforniens. In Lake County, in Mendocino, Los Carneros, Napa, Solano und Sonoma entstehen einige der großen Weine der Weinwelt. Außerdem befinden sich in der hügeligen Landschaft mehr als die Hälfte aller Weingüter Kaliforniens. Das Gebiet, in dem der kommerzielle kalifornische Weinbau ursprünglich entstanden ist, ist enorm vielfältig. So gibt es allein im Napa Valley Dutzende unterschiedlichster Bodenformationen. Napa ist berühmt für große Cabernet Sauvignons und so genannte Bordeaux-Blends. Diese Berühmtheit haben die Weine des Tals spätestens 1976, also vor vierzig Jahren erlangt. Damals hatte der englische, aber in Paris ansässige Weinhändler Steven Spurrier beim so genannten Judgement of Paris zum ersten Mal in einer Blindverkostung französische Top-Gewächse mit kalifornischen verglichen und die meist bekannten französischen Verkosten hatten kalifornische Gewächse auf die ersten Plätze gewählt. In Frankreich hat man dieses Tasting schnell unter den Tisch kehren wollen, für Napa aber bedeutete es einen enormen Schub an Renommee, der sich über Nacht auch auf die Bodenpreise auswirkte, die sich schnell vervielfachten.

Neben den blue chips, den raren und weltberühmten Cabernets aus den Bereichen Mount Veeder, Howell Mountain oder Stags Leap, die in nur wenige, begehrte Flaschen gefüllt werden, finden sich natürlich viele hervorragende und bezahlbare Cabernets. Doch auch Zinfandel, Chardonnay, Sauvignon oder Pinots, die vornehmlich aus Sonoma stammen, sind dort zu finden. Die Robert Mondavi Winery ist eines der berühmtesten Beispiele für eine Weineerzeugung vom beständig guten Alltagswein bis hin zu Legenden wie dem Cabernet Sauvignon aus dem eigenen To Kalon Vineyard. Es ist das Lebenswerk des Visionärs Robert Mondavi, der 1966 sein Weingut gegründet hat und es zu einem der führenden Güter der Weinwelt gemacht hat.

 


© Mondavi

Einen Steinwurf entfernt liegt die Rutherford Wine Company. Sie ist ein typisches Beispiel für den kalifornischen Weinbau, der sich erheblich vom deutschen unterscheidet. Während in Deutschland kleinteilig gearbeitet wird und es sehr viel kleine Winzerbetriebe gibt, die ihre Weine selbst abfüllen, sind die Besitzer von kalifornischen Weinbergen oft Traubenzulieferer für große Weingüter und Marken. Die 5.900 winegrower bekommen gute Traubenpreise und langjährige Lieferverträge. Bei Rutherford, wie bei den anderen erwähnten Weingütern, arbeitet man mit solchen Traubenbauern zusammen und gibt ihnen klare Vorgaben. Die erstrecken sich nicht nur auf die Qualität sondern auf einen wesentlichen weiteren Aspekt, der für Kalifornien enorm wichtig geworden ist. Es ist der der sustainability, der nachhaltigen Wirtschaftsweise, bei der es sowohl um wirtschaftliche, als auch soziale und vor allem ökologische Aspekte geht. Wobei vor allem der Wasserverbrauch in dem regenarmen Staat eine große Herausforderung darstellt.


© Wine Institute of California

Central Coast

Auf dem Weg von der Golden Gate Bridge, die die North Coast mit der Central Coast verbindet, nach Santa Barbara durchquert man 300 Meilen lang mehrere Dutzend AVAs, die American Viticultural Areas, die das große Gebiet in Appellationen unterteilen. Zur Central Coast gehören die Counties Alameda, Monterey, San Benito, San Luis Obispo, San Mateo, Santa Barbara, Santa Clara und Santa Cruz. Je weiter es in den Süden geht, desto spanischer wird das Land – man merkt es schon an den Namen, die von jenen verliehen wurden, die auch die ersten Reben ins Land brachten. Der Highway liegt auf dem alten Camino Real, dem Königsweg, auf dem Franziskanermönche nach Norden zogen und die ersten Reben anbauten. Die ältesten Rebstöcke an der Central Coast stammen noch aus der Zeit des 18. Jahrhunderts.

Der Norden der Central Coast wird noch von Chardonnay, Pinot Noir und Cabernet dominiert. Hier liegen die berühmten Santa Cruz Mountains, Monterey und Carmel, wo Clint Eastwood einst Bürgermeister war. Ab Paso Robles verändert sich langsam die Landschaft, wird trockener, das Klima heißer und auch der Rebsortenspiegel passt sich an. Die roten Rebsorten überwiegen, und zwar die typischen südfranzösischen-Sorten wie Syrah, Grenache und Mourvèdre, gerne auch als GSM abgekürzt. Die Weinmacher nennen sich Rhône-Ranger, denn hier werden Weine erzeugt, die an die Stilistik von Châteauneuf-du-Pape, Gigondas und Vacqueras erinnern und doch ganz eigenständig sind. Einer der bekanntesten und umtriebigsten Rhône-Ranger ist der Gründer von Bonny Doon, Randall Grahm. Ursprünglich wollte er großen amerikanischen Pinot Noir machen, hat dies aber irgendwann als unmöglich abgetan (andere allerdings bekommen das sehr gut hin), um dann mit Rhône-Rebsorten zu experimentieren. 1986 kam dann der erste Jahrgang Le Cigar Volant, eine Hommage an Châteauneuf-du-Pape, auf den Markt. Grahm gehörte damit nicht nur zu den ersten, die die Rhône-Rebsorten in den USA bekannt gemacht haben, Le Cigar Volant ist auch bis heute sein bestbewerteter Wein. Was Grahm drauf hat sieht man, wenn man in das Angebot von Bonny Doon schaut. Nicht nur die Etiketten sind besonders, sondern auch die Vielfalt ist einzigartig und immer auf besonderem Niveau.

Im nächsten Teil geht es weiter gen Süden und dann ins Inland Richtung Sierra Nevada Hochgebirge

Christoph Raffelt

Christoph lehrt als Dozent an der Deutschen Wein- und Sommelierschule Hamburg. Er schreibt und podcastet bereits seit mehr als acht Jahren in seinem privaten Blog originalverkorkt.de und verfasst Weinkritiken und Artikel für verschiedene weitere Medien. Für seine Reihe über die Champagne der Winzer und unabhängigen Häuser wurde er 2014 mit dem Wine Online Award für den besten Weintext des Jahres ausgezeichnet