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Ein Jahr beim Winzer – November

Was im Weinberg und im Keller geschieht

Veröffentlicht am 01. November 2017

Weinbau im November – Wenn man es ganz reduziert formuliert, dann ist der Wein ein Getränk, das entsteht, indem reife Trauben mithilfe von Hefen vergoren werden. Dabei wird der in den Trauben vorhandene Zucker in Alkohol umgewandelt. In den Trauben, Häuten und Kernen finden sich jedoch nicht nur Wasser und Zucker, sondern eine große Menge weiterer unterschiedlicher Verbindungen, auf deren Entstehung jeder noch so kleine äußerliche Anlass Einfluss hat. Neben dem Boden, dem spezifischen Mikroklima, dem Wetter und der gewählten Rebsorte sind es vor allem die Arbeit des Winzers im Weinberg bis zur Lese und seine Eingriffe im Keller, die entscheiden, welche Art von Wein wir später trinken.

Diese Aufgaben und Möglichkeiten, die der Winzer hat, werden wir ab heute einmal monatlich erläutern. Dazu berichtet Anna Schwarz aus ihrem Winzerinnenalltag. Anna befindet sich in ihrer Ausbildung zur Technikerin für Weinbau und Oenologie und hat in den letzten Jahren schon viel praktische Erfahrung gesammelt. Davon zeugen viele Stationen, wo sie selbstverantwortlich tätig war. Wir freuen uns, dass sie sich die Zeit nimmt, aus ihrem Alltag zu berichten.

Im Weinkeller gären die Moste

Die letzten Traubenpartien wandern nun im November in die Keller der Weingüter. Es sind vor allem die spät reifenden Sorten wie der Riesling, deren beste Qualitäten wie Spätlesen und Auslesen erst im November den richtigen Reifegrad haben, um gelesen zu werden. Ende des Monats sind dann bis auf die Eisweine alle Moste im Keller und werden vergoren.

Jedes Jahr freuen wir uns auf den neuen Weinjahrgang, der unterschiedliche Facetten und Eigenheiten aufweist. Denn Weine sind nicht nur geprägt vom Boden, der Rebsorte und deren Eigenschaften, sondern vor allem auch von der jahresbedingten Witterung und den Reaktionen des Winzers darauf. Einige Stellschrauben, an denen man drehen kann, um schon vorab Einfluss auf die Qualität eines Weines zu nehmen, haben sie in den Berichten dieses Jahres kennengelernt.

Während die Lesemannschaften die letzten Partien ernten, verfärben sich die Blätter in Gelb und Rot und fallen schließlich zu Boden. Bevor aber das letzte Blatt gefallen ist, läuft in der Rebe ganz unbemerkt ein wichtiger Prozess durch. Sie lagert Reservestoffe aus den Blättern und Trieben in den Stamm und die Wurzel ein, wodurch sich die Widerstandsfähigkeit des Stockes gegen Winterfröste erhöht und der Austrieb des nächsten Jahres begünstigt wird. Um diese Entwicklung nicht zu stören, wartet man mit dem Rebschnitt bis in den Beginn des nächsten Jahres hinein. Außerdem gibt es im Keller noch genug zu tun.

In den Weintanks und Fässern blubbert und gärt es, der Geruch von frischem Traubenmost hängt in der Luft und während die Temperaturen des Thermometers draußen immer weiter sinken, ist es von der Wärme, die während der Gärung entsteht, in den Kellern wohlig warm. Hier wird jetzt besonders darauf geachtet, dass der Most gut vergärt – denn bis zum fertigen Wein ist es noch ein langer Weg!

Erst mal bilden sich bei der Gärung die Aromen, die den späteren Wein prägen, Zucker wird in Alkohol umgewandelt, Säuren stellen sich neu ein. Egal, ob der Most im Edelstahltank, großen Holzfass oder kleinem Barrique vergärt – eines steht fest: Er wird beobachtet. Täglich wird seine Entwicklung nicht nur sensorisch kontrolliert, sondern auch analytisch. Stimmt die Temperatur? Wie viel Zucker wurde abgebaut? Wie ist der Gärverlauf insgesamt? Diese Parameter zeigen, ob Hefen und Bakterien aus dem Most einen sauberen Wein machen oder ob doch irgendetwas nicht in gewünschtem Maße funktioniert. Doch dank des großen Wissensschatzes, der sich über viele Generationen hinweg unter den Winzern aufgebaut hat, moderner Technik und hohen Hygienestandards läuft in den meisten Fällen alles nach Plan.

Weißweintrauben werden gepresst und der Most bei einer Temperatur von 16 – 20 °C vergoren. So entstehen fruchtige, klare Weine. Rotweine, die einen ganz anderen Charakter erhalten sollen, durchlaufen eine Maischegärung bei etwas höherer Temperatur.


Mosel-Winzer Matthias Meierer kontrolliert seine Moste und notiert jeden Wert. Foto Copyright: Deutsches Weininstitut (DWI)

Die Maische besteht aus den gesamten Bestandteilen der Trauben: Es sind die Beeren mit ihrem saftigen Fruchtfleisch und ihren inhaltsstoffreichen Schalen, die bei dieser Art von Vergärung die Hauptrollen spielen. Denn durch den langen Kontakt von Saft und Schalen während der Gärung werden die tanninbetonten, geschmacksintensiven Inhaltsstoffe der Beerenschale ausgelöst. Dieser Vorgang ist allerdings nicht nur für den Geschmack entscheidend. Mit diesem Prozess werden auch die Farbstoffe freigesetzt, die den Rotwein von kirschrot über ziegelfarben bis violett und purpur in verschiedensten Tönen erstrahlen lassen.

Nach beendeter Maischegärung wird jetzt auch der Rotwein abgepresst und je nach Wunsch, angestrebtem Weintyp und Stil zur Lagerung und Reife in ein kleines Barrique, das große Eichenholzfass oder den Edelstahltank gelegt.

Während der Jungwein nun zunächst Zeit findet, sich zu entwickeln, die Reben langsam in den Winterschlaf fallen und auch ansonsten Ruhe einkehrt, können sich die Winzer und das gesamte Weingutsteam endlich etwas von den anstrengenden Monaten zuvor erholen, bevor sie ins Weihnachtsgeschäft einsteigen.

Anna Schwarz
Anna Schwarz machte im Rahmen ihres Studiums ein Praktikum beim Hanseatischen Wein & Sekt Kontor. Seitdem ist sie aus der fränkischen Ferne für uns im Einsatz. Als Kind des Ruhrgebiets schlug sie ungewohnte Wege ein, die nicht unbedingt auf der Hand lagen: Sie wurde Winzerin, war schon in einigen Weinbaugebieten tätig, ist immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und absolviert gerade die Ausbildung zum Techniker für Weinbau und Oenologie an der fränkischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim.