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Ein Roadtrip durch Kalifornien

Begleiten Sie Hawesko Weineinkäuferin Svenja Nickel bei einer kulinarischen Reise durch die Weingebiete Kaliforniens

Veröffentlicht am 15. Juni 2018

Der Besuch in Kalifornien ist für mich immer ein Besuch meiner zweiten Heimat. Ich habe eine Zeit lang dort gelebt, habe dort Freunde und viele Kontakte. So freue ich mich nicht nur auf den Besuch der Weingüter, sondern bekomme immer aus erster Hand mit, was sich kulinarisch verändert und wo ich unbedingt mal hingehen sollte.

Dieser road trip begann jedoch ein wenig anders, als erwartet, nämlich mit einem Flugausfall. So musste ich ganz kurzfristig Besuche verlegen und hatte von Anfang an ein strammes Programm. Vier, fünf Weingüter täglich, intensive Gespräche, Verkostungen, ein kurzes Lunch zwischendurch und die Weiterfahrt zum nächsten Weingut fordern – doch wird man entlohnt mit Herzlichkeit, Gastfreundschaft und tollen Weinen.

Tag 1 - Start im Nappa Valley: Inglenook und Cardinale Estate


Inglenook

Schon der erste Besuch war eines dieser Highlights. Inglenook gehört dem Filmemacher Francis Ford Coppola. Coppola ist nicht einfach nur einer dieser Celebrities, die sich ein Weingut gekauft haben, für ihn ist Weinmachen eine große Leidenschaft. Er hat das Weingut in den 1970ern mit dem Geld gekauft, das er mit der Verfilmung des Paten verdient hatte. Inglenook ist eines der ältesten Weingüter im Napa Valley und wurde im 19. Jahrhundert vom finnischen Kapitän Gustave Niebaum gegründet. Lange Zeit hieß das Weingut Niebaum-Coppola und mittlerweile hat es seinen alten Namen zurück. Hier entsteht der Rubicon, einer dieser Icon-Weine des Napa Valleys, mittlerweile in den Händen von Philippe Bascaules entsteht, der viele Jahrgänge Margaux verantwortet hat. Der nette Herr, der mir den Estate gezeigt hat, wollte mir während des Rundgangs unbedingt eines der großen Weinfässer von innen zeigen. Leider war das Fass voll und ich stand genau in der Schusslinie. So habe ich den Rest des Rundgangs komplett durchnässt absolviert (Nein, keine Bilder…) und musste dem Exportmanager des Hauses später auf seinen fragenden Blick erklären, dass ich nicht an übermäßiger Schweißproduktion leide. Die etwas peinliche Situation jedoch war schnell vergessen, als ich das probieren konnte, was Philippe Bascaules aktuell in Flaschen füllen lässt: Feiner, frisch wirkender, eleganter Spitzenwein, der an Cru Classé erinnert.

Cardinale Estate

Nachmittags gab es einen kleinen Abstecher zu Cardinale Estate um Cardinale, La Jota, Mt. Brave und Lokoya zu probieren. Diese Wineries gehören alle zur Gruppe der Jackson Family Estates. Die Jackson Familie ist Anfang der 1980er vor allem mit einem speziellen Chardonnay bekannt geworden, dem Kendall-Jackson Vintner’s Reserve Chardonnay. Den Erfolg hat die Familie genutzt, um Weingüter zu erwerben und neu aufzubauen. Ganz besondere Weine entstehen in den Höhenlagen rund um das Napa Valley. Diamond Mountain, Howell Mountain, Mount Veeder und Spring Mountain heißen die Bereiche, die in den USA AVAs genannt werden. Diese American Viticultural Areas sind in gewisser Weise vergleichbar mit den AOCs in Frankreich. Die Weine aus den Höhenlagen, die bei Cardinale, La Jota, Verité oder Lokoya entstehen, gehören jedenfalls zur absoluten Spitze dessen, was in Kalifornien heute an Wein gemacht wird. Es sind meist reinsortige Cabernet Sauvignons, die in ihrer Jugend extrem dicht und voll wirken, mit Lagerung aber immer komplexer und offener werden. Diese Cabernets werden häufig schon jung getrunken, sind aber eigentlich dafür gemacht, Jahrzehnte im Keller zu verschwinden.

 

Tag 2 - weiter im Napa Valley: Opus One, Robert Mondavi Winery und Black Stallion


Opus One

Schon der Name gehört zu den modernen Legenden des Napa Valleys: Opus One, das Joint Venture zwischen Robert Mondavi und Philippe de Rothschild, zwei Ausnahme-Persönlichkeiten der Weinwelt. Das Weingut wurde der Form eines Weinglases nachempfunden – was man allerdings nur aus der Vogelperspektive sehen kann. Im Inneren ist alles auf optimale Verarbeitung der Trauben ausgelegt – und auf Transparenz. Die Önologen arbeiten dort in einem komplett verglasten Büro, das sie Fischtank nennen. Deshalb hängt auch ein kleiner Plastikfisch von der Decke, der die Besucher zu beobachten scheint, die wiederum den Mitarbeitern bei der Arbeit zusehen können.

Modernes Design und moderne Önologie trifft hier auf die Erfahrung zweier berühmter Weindynastien, die das Beste aus Bordeaux und Napa zusammenbringen. So entstehen Kraft und Eleganz. Gerade die aktuellen Jahrgänge haben mir hervorragend gefallen.

Robert Mondavi

Von Opus One aus ging es zur Robert Mondavi Winery. Das Gebäude, das der frühen, spanisch-mexikanischen Architektur nachempfunden ist, gehört zu den Wahrzeichen im Napa Valley. Das Weingut ist immer voll. Hunderte Weinliebhaber und Touristen nutzen die Angebote der Cellar Door, um eine Führung zu machen und Wein zu kaufen.

Wir verschwinden in einem abgelegenen Teil des Weinguts zu einem Lunch, wo dann auch die ersten Weine probiert werden. Meine Reise durch Kalifornien ist immer auch eine Reise durch die moderne Weingeschichte. Denn hier, bei Robert Mondavi startete der Aufstieg Kaliforniens in die Spitze der Weinwelt. Zwar hatte man ja schon im 19. Jahrhundert Wein im großen Stil angebaut und Inglenook, wo ich gestern war, wurde in der Zeit gegründet. Doch hat die Prohibition den Weinbau praktisch komplett zum Erliegen gebracht und Robert Mondavi gehörte zu den ersten, die sich getraut haben, wieder ins Business einzusteigen. Er schaute dabei auf das, was in Europa und vor allem in Frankreich gemacht wurde, lernte die Techniken und hatte ein paar aus Europa stammende Berater an seiner Seite. Sein Fumé Blanc war dann auch vom Stil des französischen Pouilly-Fumé inspiriert, ein Sauvignon Blanc aus dem kleinen Holzfass mit deutlicher Feuerstein-Note. Er wurde ebenso Legende wie der Cabernet Sauvignon aus dem Weingarten To-Kalon direkt am Weingut.


Black Stallion

Im Napa Valley war ich die ganze Zeit über im Gästehaus der Black Stallion Winery untergebracht. Die gehört einer weiteren, traditionsreichen Weinfamilie in Kalifornien, die ebenso italienische Wurzeln hat wie Coppola oder Mondavi. Es ist die Familie Delicato. Auf Black Stallion gab es zwar gerade keine schwarzen Hengste, dafür aber einen Pool und einen sehr großen Grill. Und der wurde an diesem Abend von Dave deBoer, dem Vizepräsidenten der Delicato Vineyards, befeuert. Dazu durften natürlich der hauseigene Cabernet, Chardonnay und Zinfandel nicht fehlen…

Weingut Opus One

Opus One Tasting Room

weingut Opus One

Robert Mondavi Winery

Tag 3 - weiter im Napa Valley:


Heitz und Stag’s Leap

Weiter geht es mit kalifornischer Weingeschichte. Die Heitz Wine Cellars und die Stag’s Leap Wine Cellars gehören ebenso zum amerikanischen Weintraum wie Mondavi. Und so wie Robert Mondavi hat auch Joe Heitz seinen Weinkeller in den 1960er Jahren gegründet. Joe Heitz hatte an der University of California in Davis Önologie studiert. 1961 erwarb er einige erste Fässer Chardonnay und Pinot Noir, baute sie selbst aus, machte Cuvées und verkaufte sie mit Erfolg. Das stachelte ihn an, selbst Wein zu erzeugen. So erwarb er selbst einige Hektar und schloss er einen Vertrag mit Tom und Martha May, um aus deren Weinberg, dem so genannten Martha’s Vineyard, reinsortigen Cabernet zu erzeugen. Joe war der erste amerikanische Weinmacher, der den Weinberg aufs Etikett gedruckt hat und die Heitz‘ Martha’s Vineyard Cabernets sind längst in der Hall of Fame. Ich saß mit Kathleen und Harrison Heitz ganz gemütlich am Holztisch in der guten Stube und habe in Ruhe diese Weinlegenden probieren können. doch nicht nur das. Joe hatte ein Faible für Grinolino, eine Sorte, die eigentlich aus dem Piemont stammt und die irgendein Einwanderer mal nach Kalifornien gebracht hat. Grinolino hat nur wenig Farbe und wird oft als Rosé ausgebaut. Und so war es auch bei Heitz.

In die Hall of Fame hat es auch der Cabernet des Stag’s Leap Wine Cellars geschafft. Wie der Cabernet von Heitz, war auch der Stag’s Leap Cabernet beim Judgement of Paris. Ja, er war sogar der höchst bewertete Wein jener Verkostung, bei der 1976 zum ersten Mal überhaupt kalifornische Gewächse gegen die besten Weine aus Frankreich antraten. Der 1973er Stag’s Leap lag damals knapp vor einem 1970er Mouton-Rothschild.

Das Weingut, das nach dem Stag’s Leap District benannt ist, wurde 1970 von Warren Winiarski gegründet. Der stammt aus Chicago und hat sich während eines Studienaufenthalts in Italien zum ersten Mal tiefergehend mit Wein beschäftigt. Als er zurückkam, wusste er, dass er seine eigentlichen Pläne über den Haufen werfen und Wein machen würde. Er ging ins Napa Valley, lernte Wein zu machen und konnte ein Stück Land erwerben, das direkt neben dem Weinberg von Nathan Fay lag. Der gehört zu den Pionieren modernen Weinbaus in Kalifornien. Er war Spezialist im Weinberg, verkaufte seine Trauben, machte aber immer auch einen Wein für sich selbst. Winiarski war extrem angetan von Fays eigenem Wein und wusste, dass er die richtige Stelle gefunden hatte. Der erste S.L.V. (Stag’s Leap Vineyard) aus den 1970 angepflanzten Cabernet-Rebstöcken war der 1973er Jahrgang. Winiarski hat also zum Judgement of Paris seinen ersten Jahrgang geschickt und mit diesem Wein von ganz jungen Reben und als blutjunger Weinmacher die Erzeugnisse von Mouton, Latour und Haut-Brion auf die Plätze verwiesen. Kein Wunder, dass die renommierten französischen Verkoster, die damals am Tisch saßen, dieses Tasting lieber totschweigen wollten. Stag’s Leap konnte 1986 den benachbarten Fay Vineyard dazu erwerben. Die Weine aus dem Fay Vineyard werden mittlerweile genauso gefeiert wie die S.L.V. Was ich natürlich auch probieren konnte, ist der Hand of Time. Auf jedem Etikett ist ein Handabdruck abgebildet. Und die Abdrücke findet man im Weinkeller. Es ist ein Abdruck jedes Weinmachers, der im Laufe der Geschichte von Stag’s Leap mit eigenen Händen Wein gemacht hat. Eine schöne Idee, finde ich.

Rutherford Wine Company und Raymond Vineyards

Auf dem Weg von der einen zur nächsten Legende standen aber noch zwei weitere Besuche an. Die Rutherford Wine Company ist ein Verbund aus sieben einzelnen Weingütern. Für Kalifornien, wo viel größer gedacht wird, als bei uns, ist das völlig normal. Während hier in Deutschland immer noch viele Familienbetriebe Wein auf einigen wenigen Hektar anbauen, ausbauen und oft ab Hof verkaufen, findet man das in Kalifornien praktisch gar nicht. Es gibt viele Familien, die Land besitzen, Trauben anbauen und die dann an Weingüter verkaufen. Diese verfügen oft selbst über große Flächen oder verlassen sich komplett auf die Qualität ihrer Traubenbauern, mit denen sie langfristige Verträge schließen. Bei Rutherford und Raymond werden ganz normale Weine erzeugt, während Heitz und Stag’s Leap natürlich in die Spitzenklasse gehören. Bei Betrieben wie Rutherford suchen wir nach Weinen, die Kalifornien in ihrer ganzen Bandbreite repräsentieren, die gut bezahlbar sind und die wir dann mit großem Spaß anbieten. Ich war vor allem auf der Suche nach einem neuen Zinfandel für das Hawesko-Programm und bin bei Rutherford fündig geworden.

Bei Raymonds gab es dann noch richtig Showbiz. Man kann dort in plüschig-barocken, kalifornisch-französischen Atmosphäre sein eigenes Wineblending machen, also aus einer ganzen Reihe von Basisweinen die eigene Cuvée zusammenstellen. Raymonds gehört zu Boisset, einem französischen Familienunternehmen, das aus der Bourgogne stammt und dort auch bis heute Wein erzeugt. Jean-Charles Boisset hat sich bei Raymond mal so richtig ausgetobt und wirklich alles bunt gemixt. So gibt es neben dem parkähnlichen Garten im französischen Stil einen Wartebereich für Hunde, die dort bestens versorgt werden während Herrchen oder Frauchen probieren gehen. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass neben der ganzen Animation auch wirklich gute Weine präsentiert werden.

Stag's Leap

Stag's Leap

Tag 4 – Von Napa nach Sonoma

Durch die wunderschöne Mayacamas Mountain Range ging es an diesem Tag ins Sonoma County. Während Napa vor allem für seine Cabernets bekannt ist, wird im kühleren Sonoma viel mehr Chardonnay und Pinot Noir angebaut. Das liegt natürlich vor allem daran, dass es etwas kühler ist. Und zudem ist es landschaftlich abwechslungsreicher. Während Napa ein einziges Rebenmeer ist, was auch seinen Reiz hat, findet man in Sonoma noch Natur, die keiner Kulturlandschaft gewichen ist.

Geyser Peak

Erster Anlaufpunkt in Sonoma war das Weingut Geyser Peak, wo sich die Weinmacherin Ondine Chatten viel Zeit genommen hat, um mir die Weinberge zu zeigen und den Reifegrad der Trauben zu probieren. Ondine ist eine beeindruckende Frau mit enormer Erfahrung. Bereits mehr als 15 Jahrgänge hat sie für Geyser Peak gemacht. Der Frau macht niemand mehr was vor. Geyser Peak wurde 1880 gegründet, aber während der Prohibitionszeit in den USA nicht weitergeführt. Heute produziert das Weingut vier verschiedene Serien mit sehr typischen kalifornischen Weinen, von denen wir immer wieder welche im Programm haben.

Francis Ford Coppola Winery

Ebenfalls im Geyserville, nur einige Kilometer entfernt, liegt das große Weingut von Francis Ford Coppola. Der hat ja mit Inglenook bereits ein State-of-the-Art Weingut, das zu den besten des Landes gehört. Hier, in Geyserville, werden jede Menge Weine vom Alltagswein bis zur gehobenen Preisklasse gemacht. Coppolas Weine wie der Diamond Claret und die Director’s Cuts haben mich von Anfang an begeistert. Das Weingut ist weit mehr als eine Produktionsstätte. Dort kann man den ganzen Tag verbringen, sich Weine am Pool reichen lassen, eines der Restaurants besuchen oder die Movie-Gallery besuchen, wo sich eine Menge Requisiten aus Coppolas Filmen befinden. Typisch amerikanisch, eigentlich.

Einfahrt zu Coppola Winery

Geyser Peak

Tag 5 – Zurück ins historische Napa Valley

Es ist schon Samstag, aber kein freier Tag. Immerhin bin ich mitten im Weinbauland. Also besuche ich ein paar weitere Weingüter. Zwei stehen auf dem Programm und dafür muss ich noch mal kurz zurück ins Napa Valley.

Beringer

Es ist eine kleine Reise in die Anfänge des kalifornischen Weinbaus, denn die Beringer Vineyards sind das älteste kalifornische Weingut, das die ganze Zeit über Wein produziert hat. Selbst während der Prohibition durfte man dort Messwein herstellen. So ist das Gutsgebäude, das 1876 erbaute Rhine House, eine „californian historical landmark“. Rhine House heißt es natürlich nicht durch Zufall, denn die Gründer Jakob und Frederik kamen aus Deutschland. Auch wenn das Weingut nicht mehr im Besitz der Familie ist sondern der gleichen Gruppe gehört, die auch die Geschicke von Penfolds in Australien leiten, so liegt das Weinmachen doch immer noch in den Händen der Familie. Chief Winemaker ist Mark Beringer, der aus dem Vollen von ca. 500 Hektar schöpfen kann.

Stags‘ Leap

Etwas verwirrend ist die Tatsache, dass es zwei Weingüter namens Stags Leap gibt. Das, was 1976 das Judgement of Paris gewann, hatte ich ja schon besucht. Das, was ich heute besucht habe, war damals nicht in Betrieb – war eine so genannte Ghost Winery – doch ursprünglich 1893 gegründet worden. Nach einer rechtlichen Entscheidung in den 1980ern durften beide ihren Namen behalten, das Weingut von Winiarski trägt das Apostroph seitdem vor dem „S“ und das Weingut, das ich heute besucht habe, hat das Apostroph nach dem „S“. Die Weine sind weniger kompliziert, aber ganz schön komplex. Natürlich liegt auch hier der Fokus auf Cabernet Sauvignon, der Rebsorte, für die das Valley berühmt ist. Doch auch Viognier und Chardonnay erzielen hier tolle Ergebnisse. Für den besten Chardonnay des Hauses ist man nach Carneros gegangen, um die kalkhaltigen Böden und das kühlere Klima nutzen zu können.

Beringer Vineyards

Beringer Vineyards

Tag 6 – A Day Off

Es ist Sonntag und ich habe keinen Termin. Außer einem, den ich mir selbst ausgewählt habe. Nachdem ich ausgeschlafen habe, fahre ich zum CIA. Aber nicht etwa zur Central Intelligence Agency, ich möchte meine Intelligenz nur ungern zentralisieren.

Es gibt noch ein anders CIA und das wurde bereits 1946 gegründet. Das Culinary Institute of America hat seinen Stammsitz im New Yorker Hyde Park, doch gibt es schon seit vielen Jahren eine Dependance in St. Helena. Dort fahre ich hin. Ich könnte dort jetzt eine Ausbildung als Köchin, Bäcker oder Pâtissier beginnen oder einfach nur Essen gehen und Kochbücher shoppen. Ich entscheide mich für letzteres und genieße ganz in Ruhe die kalifornische Sonne.

CIA Burger

Tag 7 – Lodi, der Zinfandel und die Inland Valleys

Am siebten Tag geht es in die so genannten Inland Valleys, genauer gesagt nach Lodi und dessen Ortsteil Woodbridge. Dort entstand der Weinbau im Zuge des Goldrauschs des 19. Jahrhunderts. Mit dem Auffinden der ersten Goldadern kamen jede Menge Glücksucher und später die ganze Infrastruktur. Da das junge Amerika durstig war, hat man in den Valleys schnell Reben angepflanzt, von denen manche noch heute stehen. Es sind vor allem alten Zinfandel-Rebstöcke, die die Jahrzehnte überdauert haben. Und für diese alten Zinfandel-Stöcke, die ähnlich wie Buschweiden geschnitten werden, ist Lodi auch bekannt. Es sind die Gnarly Heads, die hier rund um die Stadt stehen.


Peirano Estate

Morgens treffe ich Lance Peirano, der schon in vierter Generation das familieneigene Weingut leitet, das genau für diese Zinfandel bekannt ist. Lance „will work for wine“ Peirano ist ein kalifornischer Vollblutwinzer, der, wie so viele hier, von italienischen Einwanderern abstammt. Nicht durch Zufall ist auch der Ortsname Lodi ein italienischer. Giacomo Peirano kam 1879 mit einer Handvoll Dollar ins Tal und seine Geschichte ist typisch für die damalige Zeit. Er sah schnell, dass er mit dem Goldsuchen nicht mehr reich werden würde, er sein Geld aber als Händler verdienen könnte, denn davon gab es zu wenig. Mit fünfzig Dollar gründete er seinen Laden und ein Jahr später hatte er schon so viel verdient, dass er zurück nach Genua reisen konnte, um seine Verlobte zu heiraten. Er hatte die Idee, Rebstöcke mit zurück in die USA zu bringen. Und so wurde er einer der ersten, die Zinfandel in Lodi pflanzten. Ein Relikt dieser Zeit ist Lances „Immortal Zin“ von über hundert Jahre alten Rebstöcken.

Woodbridge

Während in Napa die Spitzenweine des Landes entstehen, sind die großen Weingärten rund um Lodi und Woodbridge bekannt für ihre value-for-money-wines. Als Robert Mondavi in den 1960er Jahren damit begann, Weine zu produzieren, ging er zunächst ins Napa-Valley, obwohl er aus Lodi stammt. Damals war Kalifornien noch ein völlig anderes Weinland. Es gab noch keine nennenswerte Qualitätswein-Produktion. Robert Mondavi gehörte zur kleinen Avantgarde, während um die kleine Truppe herum nur jug wine, also billigster Massenwein produziert. Mit dem Judgement of Paris hat sich das komplett verändert und die amerikanische Bevölkerung bekam über den Umweg über Frankreich mit, dass kalifornische Weine mittlerweile nicht nur trinkbar sondern richtig gut waren. Das führte dazu, dass Robert Mondavi 1979 in seiner Heimatstadt Lodi, bzw. im Ortsteil Woodbridge die gleichnamige Winery eröffnet hat. 32 verschiedene Weine entstehen heute bei Woodbridge, und sie sind auf der ganzen Welt bekannt. Neben den Klassikern wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Zinfandel, Chardonnay oder White Zinfandel gibt es längst auch Sorten, die für Kalifornien weniger typisch sind, aber sehr gut funktionieren. Malbec zum Beispiel, oder Viognier, Verdelho oder Tempranillo. Und tatsächlich, es ist immer good value for money.

Lance Peirano vom Peirano Estate

Woodbrige

Tag 8 – Beim größten Weinbaubetrieb der Welt

Gallo Family Estates

Wer in Lodi ist, kommt am größten Weinbaubetrieb der Welt nicht vorbei. Der hat natürlich genauso italienische Wurzeln wie Peirano und Mondavi und heißt Gallo. Ernst & Julio Gallo waren von allen Weinbauern der Gegend die geschäftstüchtigsten und haben über Jahrzehnte hinweg investiert und erweitert, bis sie ihren Kindern ein Wein-Imperium hinterlassen haben. Ich betrete das Weingut, das einer eigenen Kleinstadt gleicht, am so genannten Campus. Von dort aus geht es durch alle Unternehmensbereiche inklusive der Glasbläserei, die schon seit fünfzig Jahren betrieben wird. Bei Gallo überlässt man nichts dem Zufall. Das ist durchaus faszinierend.

Wente Vineyards

Ebenfalls im Familienbesitz aber viel, viel kleiner ist das Weingut der Familie Wente. Ausnahmsweise mal nicht mit italienischen Wurzeln sondern mit französischen, war Ernest Wente wohl der erste, der Chardonnay in Kalifornien angebaut hat. Wente hat Anfang des 20. Jahrhunderts Chardonnay-Stöcke in der Rebschule der Universität Montpellier gekauft, um sie dann über 40 Jahre hinweg immer zu selektieren. Das hat schließlich zum Wente Clone of Chardonnay geführt, der heute in den meisten Chardonnay-Weingärten des Landes steht. Einige der besten Chardonnay aber entstehen immer noch im Haus selbst, davon konnte ich mich an diesem achten Tag der Reise überzeugen.

Gallo Family Estates

Tag 9 – Nach San José und weiter Richtung Süden

Rund zwei Stunden fahre ich morgens von Lodi aus um die San-Francisco-Bay herum bis nach San José. Oberhalb des Ortsteils Cupertino, wo die Zentrale von Apple Computer steht, liegt das Weingut Ridge an der Monte-Bello-Road.

Ridge Vineyards

Wie oft habe ich schon das Judgement of Paris erwähnt? Ich muss es noch einmal aufgreifen, denn es ist für den kalifornischen Weinbau so wichtig wie kein anderes Ereignis (außer vielleicht der Prohibition vor rund hundert Jahren – im negativen Sinne). Da hat ein englischer Weinhändler in Paris die besten Verkoster des Landes eingeladen und ihnen blind kalifornische und beste französische Chardonnays und Cabernet-Cuvées eingeschenkt. Es waren Grand Crus aus dem Burgund dabei, Château Haut-Brion und Mouton-Rothschild aus besten Jahren. Und doch wurden sie in dieser Verkostung von einem Chardonnay von Château Montelena und einem Cabernet von Stag’s Leap geschlagen. Das, was eigentlich eine vergnügliche Veranstaltung sein sollte, wurde zu einem Ereignis von großer Tragweite. Viele französische Winzer und Journalisten verweigerten dem englischen Weinhändler Steven Spurrier ab dem Tag weiteren Kontakt, Frankreich war schockiert und in Kalifornien begann der wirkliche Weinboom. Ein Wein, der damals schon mit dabei war, war der 1971er Monte Bello von Ridge. Der hat zwar 1967 nicht gewonnen, wohl aber das Tasting, das im Gedenken an das Judgement of Paris 2006 wiederholt wurde. Da kamen beidseits des Atlantiks noch einmal versierte Verkoster zusammen, um zu schauen, was die Weine dreißig Jahre später bieten würden. Den kalifornischen Gewächsen ist immer vorgeworfen worden, sie wären zu vordergründig und würden nicht lange reifen. Doch 2006 zeigte sich ein anderes Bild. Der 1971er Ridge gewann vor dem Sieger von 1976, dem 1973er Stag’s Leap und drei weiteren Kaliforniern, bevor auf Platz sechs der 1970er Mouton auftauchte.

Wie wichtig das Ereignis selbst für ein so berühmtes und hochdekoriertes Weingut wie Ridge ist, zeigt sich daran, dass das Plakat sehr präsent im Verkostungsraum hängt. Das Team rund um den mittlerweile legendären Weinmacher Paul Draper ist weltberühmt für seine CabernetsChardonnay und Zinfandel-Cuvées. Sie entstehen auf dem Monte Bello Ridge, in Santa Clara County und in den Santa Cruz Mountains. Die Weine sind hervorragend und haben – wie beschrieben – ein exzellentes Alterungspotenzial. Mindestens so wunderbar wie die Weine aber ist der morgendliche Ausblick über die Täler, in denen noch der Morgennebel haftet. Perfekt ist es, wenn beides zusammenkommt und so habe ich die Weine mit Chief Winemaker Eric Baugher und dem Verantwortlichen für die Weinberge, David Gates einfach mal draußen probiert.


Bonny Doon

Es geht einmal die Hügel hinab nach Santa Cruz, wo ich einen der bekanntesten und ungewöhnlichsten Weinmacher Amerikas treffe. Sein Name: Randall Grahm, sein Weingut: Bonny Doon. Der Mann ist ein Pionier, eine faszinierende, offenherzige Persönlichkeit und ein einzigartiger Weinmacher. Man sieht schon an den Etiketten der Weine und dem ganzen Web-Auftritt, dass bei Grahm etwas Besonderes passiert.

Er hat sich nie um Konventionen geschert, hat Mosel-Rieslinge auch schon mit kalifornischen zu einer Cuvée zusammen gebracht oder völlig ungewöhnliche Sorten angepflanzt. Er gehörte zu den ersten, die im teils heißen kalifornischen Klima auf französische Rebsorten von der Rhône gesetzt haben. Er hat also Viognier, Marsanne und Rousanne, vor allem aber Grenache, Syrah und Mourvèdre angebaut. Heute nennen sich diese Winzer Rhône-Ranger und Grahm ist ihr wichtigster Fürsprecher. So war dann auch das erste, was Grahm von mir wollte, verschiedenen Grenache-Tanks zu probieren um ihm meine Meinung mitzuteilen. Grahm hat sich immer mehr aufs Terroir verlegt oder, wie er es nennt, auf „wine of place“. Er macht also Weine, die ihre Herkunft deutlich in sich tragen und das kann man tatsächlich schmecken.

Ridge Montebello

Ridge Collection

Ridge Montebello Aussicht

Bonny Doon Etiketten

Tag 10 – Von Paso Robles nach Santa Barbara


Wild Horse

Ein letzter Weingutsbesuch steht noch an. Die Wilde Horse Winery in Templeton (El Paso de Robles, San Luis Obispo) hat ihren Namen von den Wildpferden, die dort im Central Valley über die Hügel liefen, wo heute das Weingut liegt. Es wurde 1981 von Ken Volk gegründet, der die besonderen Böden und das einzigartige Klima nutzen wollte, um Pinot anzubauen. Heute ist das Weingut, das zur Mondavi-Gruppe gehört, bekannt für seine Pinot Noirs, es wird allerdings noch stärker geschätzt für die Weißweine. Neben dem allgegenwärtigen Chardonnay, der hier besonders köstlich ausfällt, gibt es für Kalifornien völlig ungewöhnliche Sorten wie Verdelho oder Malvasia, also sehr aromatische Sorten.

Auf eine letzte Verkostung

Auf nach Santa Barbara. 120 Meilen liegen vor mir, um mich noch mit ein paar Weinmachern aus dem Santa Ynez Valley zu treffen. Leider habe ich nur kurz Zeit und so treffen wir uns im Santa Barbara Wine Collective, wo ich irgendwann unbedingt noch mal in Ruhe hin muss. Wer diesen Bereich von hier aus näher kennen lernen will, sollte unbedingt „Sideways“ sehen. Denn der größte Teil des Films spielt hier. Ich bin dann noch mal runter zu Montecito Waterfront, zur Abkühlung, bevor es weiterging nach Los Angeles, für eine erste Verabredung mit Mexican Food!

Café in Santa Barbara

Santa Barbara

Tex Mex

Svenja Nickel
 Svenja Nickel ist als Einkäuferin beim Hanseatischen Wein & Sekt Kontor verantwortlich für die Bereiche Italien, Australien, Neuseeland und USA. Die Absolventin des Studiengangs Internationale Weinwirtschaft in Geisenheim hat ihre Kindheit an der Nahe verbracht. Doch gerade die Zeit in Kalifornien von 2007 bis 2009 hat ihre Leidenschadt für raffinierte Küche und gute Weine erst so richtig entfacht.