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Chiles Wein-Pionier Im Gespräch mit Aurelio Montes

Interview mit Aurelio Montes

Veröffentlicht am 02. September 2015
Aurelio Montes gilt als eine der ganz großen Persönlichkeiten des chilenischen Weinbaus. Und er ist ein wunderbarer Gastgeber. Anlässlich der Kreation seines neuen Weines exklusiv für Hawesko, haben ihn unsere Einkäufer Iris Petersen und Andy Schmelzer besucht. Später führten wir mit ihm ein langes Gespräch über Wein, seine Geschichte und seine Visionen.

Wein-Magazin: Aurelio, Sie gelten als einer der großen Pioniere des chilenischen Weinbaus. Vor der großartigen Kulisse der Anden haben Sie sich vor fast 30 Jahren Ihren Traum mit dem ersten Ihrer Weingüter erfüllt. Wovon genau haben Sie und ihre damaligen Partner geträumt – lassen Sie uns teilhaben!

Aurelio Montes: Wir waren einfach fest davon überzeugt, dass wir in Chile Premium Weine erzeugen können, die in der Weinwelt eine Rolle spielen. Uns war dabei aber klar, dass wir eine Menge Hürden zu überwinden hatten. Bis in die 1970er-Jahre war der Weinbau in Chile stark reglementiert, es herrschte ein Anpflanzungsverbot. Erst 1974 wurde dies aufgehoben – und in den 1980ern ging es dann richtig los. Wer damals Mut bewies, hatte gute Chancen, guten Wein zu machen!

Wein-Magazin: Keine Frage, diesen Mut haben Sie mehr als bewiesen. Und ihn sehr schnell mit Erfolg gekrönt! Der erste Montes Alpha Cabernet Sauvignon war zugleich der erste Premium Wein, der von Chile aus in die ganze Welt exportiert wurde. Wieso hat Ihnen dieser Erfolg nicht ausgereicht? Viele haben es für absolut verrückt gehalten, dass Sie später in so außergewöhnlich steile Lagen gingen. Was hat Sie dazu bewogen, noch einmal in solches Neuland aufzubrechen?

Aurelio Montes: Ja, wir waren ein bisschen verrückt. Und immer noch jung genug, ein Wagnis einzugehen. Und – wir wollten immer das Besondere!

Chile verfügt generell über ganz großartige Bedingungen. Der nahe Pazifik, der schützende Wall der Anden – das Beste war schon da. Für mich entsteht ein Wein zu 80% im Weinberg, die Arbeit im Keller macht bestenfalls 20% aus. Also ist die Lage entscheidend! Nach unseren ersten großen Erfolgen hatten wir auch finanziell die Möglichkeit, noch einmal Neues auszuprobieren.


Blick ins Tal. Das Klima der Anden bestimmt den Weinbau.

Wein-Magazin: Die Bewirtschaftung dieser steilen Hänge ist doch außerordentlich schwierig. Erzählen Sie uns ein bisschen darüber!

Aurelio Montes: Der Steilhang stellt natürlich jeden Winzer vor besondere Herausforderungen. Die Böden sind karger und speichern das Wasser nicht so gut. Aber die Sonneneinstrahlung ist viel intensiver. In diesen Lagen bis zu 400 m über dem Meeresspiegel ist auch der Temperatur-Unterschied von Tag und Nacht höher, was dem Aroma der Trauben zu Gute kommt. Im Apalta-Tal herrscht ein ganz besonderes Klima. Die Winde des Pazifiks ziehen durch das Valle de Colchagua bis hierher, nach Norden wird unsere Finca von bis zu 45° steilen Weinberg-Hängen begrenzt. Wie ein Halbmond ist das Gelände geformt, die Trauben tanken hier ein Maß an Sonne, das unvergleichlich ist. Und das ist die ganze Mühe in jedem Fall wert!

Wein-Magazin: Sie sind mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen und Preisen geradezu überhäuft worden. Was bedeuten Ihnen Titel wie Winemaker of the Year oder der Lifetime Achievment Award?

Aurelio Montes: Sie sind schmeichelhaft, keine Frage. Ich verdiene sie jedoch nicht allein, ich bin umgeben von einem großartigen Team, das meine Ideen in die Praxis umsetzt. Das Wichtigste aber ist, dass die Preise eigentlich auf unsere Weine einzahlen. Denn je mehr diese durch internationale Preise wahrgenommen und gekauft werden, desto mehr Möglichkeiten haben wir, weiter zu investieren, Neues zu wagen und damit immer noch besser zu werden.

Wein-Magazin: Sie sind bekannt dafür, auch in Sachen Nachhaltigkeit voranzugehen. Was tun Sie im Einzelnen?

Aurelio Montes: Ich glaube einfach daran, dass nur ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur uns dazu berechtigt, mit ihr zu arbeiten und von ihr zu profitieren. Schon seit dem Jahr 2000 bewirtschaften wir unsere Weinberge nachhaltig. Dazu gehört zum Beispiel, dass zwischen den Reihen der Rebstöcke natürliche Pflanzen der Region wachsen und dass wir Traubenschalen und -samen komplett kompostieren.


Lamas, die natürlichen Unkrautvernichter der chilenischen Weinberge.

Wein-Magazin: Was hat es mit den Lamas auf sich, die in Ihren Weinbergen grasen?

Aurelio Montes: Es wird oft belächelt, dass in unseren Weinbergen Lamas und Schafe leben. Aber wir haben mit diesen natürlichen „Unkrautvernichtern“ den Einsatz von Herbiziden um 40% reduziert. Außerdem gehören Sie nun einmal in diese Landschaft!

Darüber hinaus haben wir uns verpflichtet, 400 Hektar typischen Wald in der Maule-Region zu erhalten, um das biologische Gleichgewicht zu schützen.

Wein-Magazin: Bei unserem Besuch hatten wir den Eindruck, dass nicht nur das Land sondern auch die Menschen hier in einem sehr guten Gleichgewicht sind.

Aurelio Montes: Wir sind der Überzeugung, dass nicht nur die Umwelt, sondern auch unsere Mitmenschen und insbesondere unsere Mitarbeiter unsere Aufmerksamkeit verdienen. Deshalb investieren wir in Fortbildungsprogramme für unsere Mitarbeiter, bieten Workshops für ihre Frauen an und unterstützen ihre Kinder beim Schulbesuch.


Das Weingut Montes: Moderne Architektur fügt sich harmonisch in das Landschaftsbild ein.

Wein-Magazin: Zurzeit ist in Chile ein Thema in aller Munde: Dry farming. Ihr Land ist bekannt für sein ausgeklügeltes Bewässerungs-Sytem der Weinberge mit Kanälen und regelmäßiger Überflutung. Für ein Land, das von Wasserknappheit bedroht ist, ein kostspieliges und nicht gerade zukunftsfähiges System. Abgesehen davon, dass dies in steilen Lagen kaum möglich ist, ist Montes offenbar auch Vorreiter in ressourcenschonender Bewässerung.

Aurelio Montes: Wir haben bereits mehrere Weinberge, die ausschließlich nach dem dry farming Prinzip bewirtschaftet werden. Das bedeutet, dass sie überhaupt nicht künstlich bewässert werden.

Da, wo es unbedingt notwendig ist, setzten wir auf Tropfberieselung, die den Weinstock gezielt mit einer sehr geringen Menge Wasser versorgt. Mehr wäre in den hohen Lagen sowieso vergeudet, da es schnell versickern oder ablaufen würde. Vom klassischen System Chiles haben wir uns verabschiedet und sparen auf diese Weise insgesamt so viel Wasser, wie 3.200 Familien im Jahr verbrauchen!

Wein-Magazin: Unser „Angel’s Secret“ ist einer Ihrer dry farmed Weine. Aber auch darüber hinaus hat er eine interessante Geschichte.

Aurelio Montes: Dieser Wein ist tatsächlich etwas ganz Besonderes. Als Ihre Kollegen Andy Schmelzer und Iris Petersen mich besuchten, habe ich ihnen nicht nur unsere Weinberge gezeigt…

Wein-Magazin: …wobei Sie sie persönlich mit dem Flugzeug von Weingut zu Weingut geflogen haben.

Aurelio Montes: …sondern wir haben auch verschiedene dry farmed Weine und Beispiele aus unserer Alpha-Linie gemeinsam probiert. Eine erste Selektion aus den Fässern wurde bei diesem Besuch bereits getroffen, die wir hier in Chile dann verfeinert und zu einigen Vorschlägen zusammengestellt haben. Das Flugzeug ist übrigens in Chile ein ganz übliches Transport- und Verkehrsmittel – die Entfernungen sind einfach zu groß und die Infrastruktur zu schlecht, um mit dem Auto schnell genug unterwegs zu sein.


Aurelio Montes führt den Sicherheitscheck an seiner Cessna durch, bevor er mit unseren Kollegen Iris Petersen
und Andy Schmelzer über die ausgedehnten Weinberge fliegt.

Wein-Magazin: Das „Geheimnis des Engels“ wurde dann auf der Londoner Messer gelüftet?

Aurelio Montes: Genau. In London trafen wir noch einmal zusammen und haben unsere Vorschläge verkostet. Nach weiteren kleinen Veränderungen hat dann letztlich das Team von Hawesko in Hamburg die finale Entscheidung gefällt. Und ich muss sagen – das Ergebnis gefällt mir ausgezeichnet!

Wein-Magazin: Können Sie eine Kostprobe geben?

Aurelio Montes: Angel’s Secret ist eine Gran Reserva, die ganz klar von der Frucht dominiert ist. Brombeere, Kirsche, Blaubeere – der Wein ist sehr saftig und harmonisch. Dazu schmeckt man einen Hauch von Mandel und natürlich eine schöne Vanille-Note, denn er ist im Fass ausgebaut. Spürbar aber nicht zu kräftig sind seine Tannine. Insgesamt ein runder, stimmiger Wein, wie ich ihn selbst gern trinke!

Wein-Magazin: Eine letzte Frage: Angel’s Secret, Purple Angel, der Engel auf allen Flaschen – was hat es damit auf sich?

Aurelio Montes: Wir sind für unseren Erfolg und unsere Weine sehr dankbar. Es muss ein Schutzengel sein, der seine Hand über unsere Weine hält – deshalb steht er sowohl im Keller als auch als unser Symbol auf jeder Flasche.

Wein-Magazin: Aurelio, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Mehr über Aurelio und seine Weine erfahren Sie übrigens auch im Montes-Winzershop

REDAKTIONSTEAM

Das Redaktionsteam des Wein Magazins besteht aus den Mitarbeitern des Hanseatischen Wein & Sekt Kontors, die in den unterschiedlichsten Bereichen tätig sind. Hier schreiben Wein-Einkäufer, Mitarbeiter des Marketings und studierte Oenologen. Aber auch Kolleginnen und Kollegen, die einfach ganz viel Spaß am Wein haben.